Bjarne Reuter: "So einen wie mich kann man nicht von den Bäumen pflücken, sagt Buster"

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Eine fantastische Eigenwelt setzt der Junge mit dem fantastischen Namen Buster Oregon Mortensen gegen das System der Effizienz und der ordentlichen Werdegänge. "Was soll nur aus dir werden, Buster Mortensen?", fragt der Lehrer am Schluss des Buches. "Ich komme schon durch", lautet die Antwort. Das hat sich der dänische Schriftsteller Bjarne Reuter auch gedacht, als er den Lehrerberuf fürs Kinderbuchschreiben aufgegeben hat. Über sechzig Bücher hat er inzwischen geschrieben, eine Fülle reizvoller Geschöpfe und Geschichten in die Welt gesetzt. Doch sein Buster, 1980 erschaffen, ist in Dänemark die beliebteste Figur, nicht zuletzt durch die Verfilmung durch Bille August. Die Lehrer kommen nicht allzu gut weg. Nicht dass sie richtig böse wären. Sie wirken nur so hilflos bieder, wenn sie den findigen kleinen Buster zur Vernunft rufen wollen. Einmal geht Buster mit seinem Vater, dem arbeitslosen Zauberkünstler, zum Elternsprechtag. "Er kann sich überhaupt nicht konzentrieren", klagt der Mathelehrer, und die Klassenlehrerin sekundiert: "Ich mag Buster sehr gern, aber es ist eben nicht genug, lieb und nett zu sein, man muss auch etwas können, und zwar möglichst etwas von dem, womit wir uns hier in der Schule beschäftigen." Das sieht Buster eher anders. Dass man etwas können muss, das sieht er ein, aber das sind ganz andere Dinge. Man muss ein viel zu großes Fahrrad mit aufgeladener Bierkiste sicher durch Kopenhagener Straßen lenken können, um den Job als Bote für den Kaufmann zu verrichten. Und man muss seine Zaubertricks perfektionieren können, Tricks, die einem Ärger bringen mögen, aber auch das zauberhafte Mädchen Joanna so überzeugen, dass man einen ersten kleinen Kuss dafür ergattert. Selbst der strenge Kaufmann, kann sich dann der Zauberbegeisterung nicht entziehen. Busters leicht anarchischer, chaotischer Gegenentwurf zu seiner Umwelt ist nicht Fantasy, ist keine Flucht. Es ist viel schöner: Seine harmlosen Abenteuer, seine Aufschneidereien und Missgeschicke bleiben im Rahmen. Das Ergebnis ist eine spielerische Humanisierung des Alltags, dessen Schwierigkeiten nicht verschwiegen werden. Der Vater trinkt und schlägt, die Mutter hat Kopfschmerzen, das Geld ist knapp, die Nachbarin liegt im Sterben, Buster beschützt seine Schwester, wird selbst von Größeren gepiesackt. "So ist das nun mal", sagt Buster einmal. Ja, so ist das nun mal. Da hilft nur Quatsch. Und Quatsch machen, das kann Buster. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.2.2006)