Ein Plädoyer für kurze Wege hielt Ulrike Rheinberger bei der internationalen Konferenz "Umweltfreundlich reisen in Europa" in Wien. DER S TANDARD: Was macht eine Reise umweltfreundlich? Rheinberger: Wenn man sich einen Urlaub von der An- bis zur Abreise systematisch anschaut, ist die geringe Treibhausgasemission der wichtigste Aspekt. Ein zweiter wichtiger Punkt ist der geringe Naturverbrauch, denn gerade dort, wo es schön ist, soll es ja auch so bleiben. DER S TANDARD: Nun sagt eine Prognose der EU über die Verkehrsentwicklung in den Mitgliedstaaten, dass sich allein die in Urlaub und Freizeit mit dem Pkw gefahrenen Kilometer von 1998 bis 2010 beinahe verdoppeln werden. Wie verträgt sich das mit der Idee vom umweltfreundlichen Reisen? Rheinberger: Wir fahren nicht in den Urlaub, um uns umweltfreundlich zu verhalten. Unser Ansatz ist deswegen, ein Angebot nicht nur als "umweltfreundlich" zu bewerben, sondern als komfortabel oder aufregend - danach, was auch immer daran besonders ist. Wichtig dabei ist, eine spezielle Zielgruppe vor Augen zu haben. DER S TANDARD: Wie sehen diese Zielgruppen aus? Rheinberger: Wir unterscheiden sieben Typen: die traditionellen Gewohnheitsurlauber, die Kinder- und Familienorientierten, die Sonne-, Strand- und Pauschalurlauber und die jungen Fun- und Actionurlauber. Dazu kommen die unkonventionellen Entdecker, die anspruchsvollen Kulturreisenden sowie die Natur- und Outdoor-Urlauber. Wir haben uns all diese Gruppen unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit angesehen und bemerkt, dass die beiden letztgenannten Typen in Sachen Umweltschutz am aufmerksamsten sind. Man darf aber nicht glauben, dass man alle Urlauber umerziehen kann. DER S TANDARD: Was heißt das nun für die Anbieter? Rheinberger: Die Gruppe der Natur- und Outdoor-Urlauber, die rund 14 Prozent der Reisenden ausmacht, hat z. B. eine Tendenz zur Fernreise. Aber eine Reise in die Karibik kann man nicht mit der Bahn unternehmen. Dieser Gruppe können Anbieter vermitteln, dass etwa auch in den Alpen authentische Erlebnisse in unberührter Natur möglich sind. DER S TANDARD: Kürzlich haben sich siebzehn Orte aus fünf Alpenländern, darunter Werfenweng in Österreich, zur touristischen Kooperation "Alpine Pearls" zusammengeschlossen. Ziel der Aktion ist es, die Konsumenten für die Mobilität ohne Auto zu gewinnen. Was können Sie den involvierten Gemeinden empfehlen? Rheinberger: Die Vermarktung stärker an den Zielgruppen zu orientieren, das ist ganz, ganz wichtig für den Erfolg. Und zwar unter dem Motto: Was sind deren wichtigste Wünsche? Nicht: Was ist unser wichtigstes Anliegen. Wenn die nachwachsenden Zielgruppen nicht angesprochen werden, fehlen die Urlauber der Zukunft. (Der Standard/rondo/17/2/2006)