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Grafik: Archiv

Wien - Funktionsbauten in Form von Zylindern, Pyramiden und Trapezen: Das Experiment mit geometrischen Formen in der russischen Architektur der Zwischenkriegszeit steht im Mittelpunkt der Ausstellung "Moskau - Melnikow", die im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Architektur im Ringturm" am Mittwochabend eröffnet wird. Bis 13. April sind die städtebaulich innovativen Werke des russischen Architekten Konstantin Melnikow zu sehen.

Über 30 nachgebaute Modelle

Als einer der bedeutendsten Vertreter der russischen Avantgarde entwickelte Melnikow zwischen 1921 und 1937 eine Reihe außergewöhnlicher Bauten in Moskau. Von scheinbar einfachen Ausstellungspavillons über sein eigenes, ungewöhnliches Haus in Form eines Doppelzylinders bis hin zu städtebaulichen Entwürfen zählen seine Arbeiten zu den kreativsten Architekturleistungen Russlands im 20. Jahrhundert.

Aus der intensiven Zusammenarbeit der Fakultät für Architektur am Polytechnikum Mailand, der Fakultät für Baukunde der Technischen Universität Delft (Niederlande) und den Instituten für Architekturgeschichte und Darstellen und Gestalten an der Universität Stuttgart resultiert nun eine Ausstellung mit über 30 nachgebauten Modellen.

Schwierige Annäherungen an Originale

"Leider gab es lange keine originalen Dokumente aus dem Nachlass, da die Erben im Streit einen Verkauf in den Westen verhindern wollten", erklärt Kurator Otakar Macel von der Universität Delft. Aus diesem Grund wurden die Modelle hauptsächlich aus vorhandenen Plänen entworfen. "Da ein Großteil der Bauten nicht mehr steht oder radikal umgebaut wurde, war es schwierig, sich dem Original anzunähern." Erhalten sind viele Texte des Architekten selbst, die seine Intentionen für die einzelnen Bauten klar umreißen.

So heißt es etwa zu seinem "Volkskommissariat": "Die Basis des Sozialismus ist die Schwerindustrie. Diesen Gedanken muss auch das monumentale Bauwerk ausdrücken". Mit der Form einer Ziehharmonika, einer rautenförmigen Vertiefung im Zentrum sowie Freitreppen ist dieses Modell aus dem Jahr 1934 eines der interessantesten der Ausstellung. Auch Projekte für Arbeiterwohnungen, den Holzpavillon für die Machorka-Tabakgesellschaft sowie sein spektakuläres - aber nie umgesetztes - Garagenprojekt für Paris bieten einen breiten Einblick in Melnikows Werk.

Plan für ein "Neues Moskau"

Melnikow (1890 - 1974) arbeitete bereits mit 13 Jahren im Büro des renommierten Heizungsingenieurs Wladimir Chaplin, der sein Talent erkannte und ihn an die Moskauer Schule für Bildende Kunst und Architektur schickte. 1917 beendete Melnikow sein Studium und wurde in die Stadtplanungsabteilung von Moskau berufen, wo bis 1920 der Plan für ein "Neues Moskau" entstand. Sein "Sowjetischer Pavillon" auf der Pariser Kunstgewerbe-Ausstellung erregte internationale Aufmerksamkeit. Doch schon 1937 - die Blütezeit der Avantgarde hatte ein Ende gefunden - wurde er als "praxisferner Individualist" denunziert, es folgte die Aberkennung seines Berufstitels. Erfolglos versuchte Melnikow, nach dem 2. Weltkrieg an seine früheren Erfolge anzuknüpfen. Erst in den 80er-Jahren erfolgte eine Neubewertung seiner Arbeit, und es kam zur internationalen Anerkennung.

Die Wander-Ausstellung "Moskau - Melnikow" war bereits u.a. in Mailand, Moskau, Madrid und Tokio zu sehen. Nun werden die Modelle, Fotos, Skizzen und Fotos in Wien der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der große diagonal in den Raum gesetzte Tisch, auf dem die wichtigsten Modelle Platz finden, korrespondiert auf subtile Weise mit dem Werk des großen Avantgardisten. (APA)