"User Experience beginnt mit den Geräten und endet nicht bei der Software, die es zu bedienen gilt. Es kommt dazu: Wie ist die Auskunft, die er bei Problemen bekommt?": Tobias Herrmann von der Mobilkom Austria pflegt die Zusammenarbeit mit der Usability-Forschung.

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Kundenzufriedenheit mit komplizierten Geräten: eine Herausforderung für das Team bei der Mobilkom Austria, das diese Maxime erfüllen helfen soll. Sein Leiter Tobias Herrmann spricht darüber mit Michael Freund.


STANDARD: Herr Herrmann, die Erfahrungen, die Nutzer mit Geräten machen, sind in den letzten Jahren nicht gerade einfacher geworden. Was kann ein "User Experience Team", wie Sie es bei der Mobilkom Austria leiten, bewirken?
Tobias Herrmann: Wir gehen von einer erweiterten Definition von "user experience" (UE) aus. Sie beginnt mit den Geräten und endet nicht bei der Software, die es zu bedienen gilt. Es kommen weitere Dimensionen dazu, etwa die Verfügbarkeit oder Performance von Anwendungen. Oder welche Erfahrungen ein Kunde macht, wenn er ein Problem hat und bei der Hotline anruft. Also eine ganzheitliche Perspektive im Sinne von Donald Norman.

STANDARD: Norman, "the guru of workable technology", hat immer den auch emotionalen Nutzen im Visier. Was sind Ihre Kennzahlen für Erfolg?
Tobias Herrmann: Zum Beispiel, dass wir positives Feedback zu unseren mobilen Diensten von unseren Kunden erhalten. Oder Nutzer regelmäßig wiederkommen, ein Produkt noch häufiger nutzen. Das ist wohl ein guter Indikator. Wir befragen unsere User auch: Es gibt einen so genannten Kundenpool von 2500 Personen, von denen wir konsequent Informationen über unser Angebot einholen. Und natürlich analysieren wir die Nutzungsgewohnheiten, um aus der realen Produktnutzung für mögliche Adaptionen zu lernen.

Der Erfolg eines UE-Teams lässt sich aber auch an der internen Prozessqualität messen. Hier bewerten Kolleginnen und Kollegen den Nutzen, den sie durch unsere Mitarbeit in Projekten generieren.

STANDARD: Ein Beipiel.
Tobias Herrmann: Vor wenigen Monaten haben wir das A1.net-Webportal umgestellt, und wir waren Teil des Projektteams und haben begleitend alles im Bereich Kundenfeedback erhoben und evaluiert. Es hat sich herausgestellt, dass wir in jeder Dimension signifikant besser geworden sind. Wir haben etwa eine bessere, das heißt besser akzeptierte Benutzerführung geschafft.

Oder nehmen wir das Mobilportal Vodaphone live!: Die Click-Rate hat sich um mehr als 100 Prozent gesteigert. Das sind alles Indikatoren, die zeigen, dass eine konsequente Benutzerorientierung Früchte trägt.

STANDARD: Wie viel Einfluss haben Sie auf die Gerätehersteller?
Tobias Herrmann: Ob Nokia, Sony Ericsson oder andere, wir sind in ständigem Kontakt. Die haben ebenfalls UE-Teams und bedienen sich ähnlicher Methoden. Auch bei der Software, die wir zum Teil in-house entwickeln, sind wir parallel dabei.

Unser Aufgabe ist es, mit den Kunden zu arbeiten. Wir "konfrontieren" sie so früh wie möglich mit neuen Produkten, lassen sie Erfahrungen machen und ihr Feedback einfließen.

STANDARD: Sie arbeiten auch mit Wissenschaftern zusammen. Wie sieht das aus?
Tobias Herrmann: Das Center for Usability Research and Engineering (Cure) und Usecom, beide in Wien, führen in unserem Auftrag Usability-Studien durch, oder sie entwerfen Storyboards, die Nutzungsmöglichkeiten aus Kundensicht darstellen; wir entwickeln die Applikationen dann weiter.

Ein weiteres Beispiel ist Rupert Steffner von der FH Salzburg, der gemeinsam mit uns ein Modell zur Messung von Kundenzufriedenheit mit dem Mobilportal Vodaphone live! entwickelt hat.

STANDARD: Wichtig sei Ihnen, so haben Sie kürzlich geschrieben, eine "Vision des Erlebens aus Kundenperspektive". Was heißt das?
Tobias Herrmann: Für den Kunden gibt es verschiedene Kontexte: auf dem Weg zur Arbeit, beim Einkaufen; manche agieren eher rational, andere emotional, sind beruflich oder am Lifestyle orientiert. Wir möchten natürlich ihnen allen die besten Dienste anbieten. Zugleich sollen die Dienste einfach zu nutzen sein. Es geht also auch darum, nicht notwendige Dinge wegzulassen ...

STANDARD: ... das werden viele gerne hören ...
Tobias Herrmann: ... und die Komplexität zu reduzieren. Man will ja schon bei der Erstnutzung eine positive Erfahrung haben. Das ist schwierig, aber wir sind auf einem guten Weg.

STANDARD: Nächste Schritte? Tobias Herrmann: Wir bauen aktuell UE-Kompetenzen und ein entsprechendes Netzwerk in unseren Partnerländern auf. (Anm.: Die Mobilkom Austria Group umfasst zurzeit neben Österreich Anbieter in Kroatien, Slowenien, Liechtenstein und Bulgarien.) Wir starten einen einjährigen Lehrgang für die Kollegen dort und bilden Usability-Experten aus. Professor Manfred Tscheligi von Cure unterstützt uns bei der Erstellung des Curriculums. (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 13.2. 2006)