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Einer der Punkte, an dem sich das die Diskussion entzündet hat, das neue Startmenü des Novell Linux Desktop 10

Grafik: Archiv
Während die Neuerungen im unlängst erstmals präsentierten Novell Linux Desktop 10 - und vor allem die sich durch den 3D-beschleunigten Grafikserver Xgl ergebenden Möglichkeiten - in weiten Teilen der Community auf Begeisterung gestoßen sind, ist die Stimmung unter den EntwicklerInnen nicht ganz so ungetrübt. Dabei stehen allerdings weniger die technischen Meriten oder Mängel der neuen Software im Vordergrund, sondern die Umstände unter denen diese entstanden ist.

Kritik

So ist vor allem auf der GNOME-Entwicklungs Mailing-Liste eine heftige Diskussion über den Umstand, dass Novell den Code "hinter verschlossenen Türen" entwickelt hat, ausgebrochen. Nachdem vor einigen Wochen Novell bereits wegen der nicht öffentlichen Xgl-Entwicklung unter Beschuss gekommen ist - und in Folge der Code freigeben wurde - rankte sich die Diskussion diesmal vor allem um den Compositing Manager "compiz" und das neue Startmenü des Novell Linux Desktop 10, das auf einigen der Videopräsentationen zu sehen ist.

Verärgert

So übte vor allem der ehemalige GNOME-Release Manger, und jetzige Ubuntu-Angestellte Jeff Waugh heftige Kritik an der Vorgehensweise von Novell, solche Methoden der Entwicklung würden die Community zerstören. Auch Linux-Urgestein Alan Cox wies auf die dadurch entstehenden Probleme hin, denn wie sollen die verschiedenen "privaten" Entwicklungszweige zusammengeführt werden, wenn dies alle Linux-Distributoren so machen würden.

Einschränkungen

Novell-Entwickler Dan Winship hält dem entgegen, dass die Community nicht immer der beste Raum sei, um neue Software ins Laufen zu bringen. Viele der besten Open Source-Projekte seien von einzelnen EntwicklerInnen im "Geheimen" gestartet worden, und erst später veröffentlicht worden. Oft sei es besser erst einmal einen funktionsfähigen Code bereit zu stellen, anstatt sich in endlosen Design-Diskussionen zu verzetteln.

Beruhigung

Mittlerweile hat sich die Stimmung auf der Liste wieder einigermaßen beruhigt. Wohl nicht zuletzt deswegen, weil sich herausgestellt hat, dass das neue Startmenü kein "Fork" der existierenden Code-Basis ist, sondern einfach ein neues Applet, das bei Novell als Konsequenz aus umfangreichen Usability-Studien entstanden ist. Die EntwicklerInnen sehen das pragmatisch: Wenn das GNOME-Projekt das neue Menüsystem übernehmen wolle, sei man darüber erfreut, ansonsten sei es halt einfach etwas, das den NLD10 von der Konkurrenz unterscheide.

Trotzdem bleibt die Frage wie eine "optimale" Entwicklung in einer Open Source-Umgebung funktionieren solle, weiter offen. Mit Hilfe der Open Source-Lizenz GPL wird sie jedenfalls nicht zu klären sein, denn diese verbietet es keineswegs GPL-Software anfänglich "für sich zu behalten". In der Diskussion wurden viele Stimmen laut, die Novell dazu aufforderten, den Code einfach in einem eigenen CVS-Zweig zu entwickeln, um einerseits nicht die "normale" Entwicklung der entsprechenden Komponenten zu stören, aber anderseits auch den Vorteil zu haben, dass "mehr Augen mehr sehen".

Offen?

Ein Argument, das allerdings in der Realität auch nur begrenzt haltbar ist. Denn nur wenige Tage später wurde bekannt , dass auch Red Hat an einer eigenen Lösung für 3D-Effekte am Desktop arbeitet, bestehend aus einem angepassten X-Server namens Xair und dem Compositing / Window Manager spiffity. Beide wurden ganz "offen" in einem CVS-Zweig entwickelt, mitbekommen hat es trotzdem kaum wer, denn wer liest schließlich schon die CVS-Commit-Logs. (apo)