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Beten und predigen: Premier Mikulás Dzurinda (re.) liegt mit seiner Partei bei nur mehr neun Prozent, Expremier Vladimír Mec¡iar profiliert sich als Privatisierungsgegner.

Fotos: REUTERS
Kein Misstrauensvotum, kein Weiterregieren bis Herbst: Das slowakische Parlament hat sich mit den Stimmen aller Abgeordneten für Neuwahlen am 17. Juni entschieden.

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Der Konsens, das Neuwahlen die beste Lösung der Regierungskrise sind, ging quer durch Koalition und Opposition: Einstimmig hat der slowakische Nationalrat am Donnerstag vorzeitige Parlamentswahlen am 17. Juni beschlossen. Für das zuständige Verfassungsgesetz stimmten alle 143 anwesenden Abgeordneten. Notwendig war eine Verfassungsmehrheit von 90 der insgesamt 150 Stimmen.

Mikulás Dzurinda, Premierminister der slowakischen Mitte-rechts-Regierung, die durch das Ausscheiden der Christdemokraten (KDH) aus der Regierungskoalition Anfang der Woche ihre Machtbasis verloren hatte, zeigte sich mit dem Ergebnis sichtlich zufrieden. Gleichzeitig beschuldigte er offen die KDH, sie trage die volle Verantwortung für diese Entwicklung. "Solche Behauptungen sind einfach irreführend", entgegnete Pavol Hrusovský, der Chef der Christdemokraten.

Den breiten Konsens sieht die slowakische Opposition auch nicht als einen Verdienst des Premiers. Neuwahlen waren laut Robert Fico, Chef der in den Umfragen mit Abstand stärksten slowakischen Partei Smer, für den Premier "die einzige Möglichkeit, um der Slowakei eine gewisse Stabilität zu sichern". Das weitere Schicksal der Regierung Dzurindas bleibt aber fraglich. Da er sich im Parlament nur noch auf 53 Mandate stützt, kann er in den verbleibenden vier Monaten nur weiter regieren, wenn dies die Opposition zulässt.

Warnende Wort

Warnende Worte kamen bereits vom Linkspolitiker Fico: "Wir haben keinen Grund tolerant zu einer Regierung zu sein, die immer korrupten Abgeordneten nahe stand." Die Smer wolle weiterhin eine strikte Oppositionspolitik führen, ein Misstrauensvotum gegen die Regierung ist demnach noch immer nicht völlig ausgeschlossen.

Zum Stolperstein für den Premier könnte der von der Opposition geforderte sofortige Stopp aller Privatisierungen werden. Obwohl Dzurinda erst kürzlich zugesichert hatte, alle Privatisierungsprojekte werden eingestellt, sobald sich das Parlament auf den Neuwahlen einigen wird, bahnt sich hier ein weiterer Konflikt an. Nach Meinung von Dzurindas eigenem Verkehrsminister Pavol Prokopovic ist unter anderem der geplante Verkauf der slowakischen Gütereisenbahn Cargo so weit fortgeschritten, dass er unbedingt zu Ende geführt werden muss, was aber die Opposition auf keine Fall zulassen will.

Neben Robert Fico profiliert sich Expremier Vladimír Meciar, Vorsitzender der Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS) zum härtesten Privatisierungsgegner im Land: "Wenn die Regierung den Verkauf von Cargo fortsetzt, begeht sie politischen Selbstmord", meinte Meciar kurz nach der Parlamentsabstimmung am Donnerstag. Die HZDS würde sofort politische Verhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung einleiten. (DER STANDARD, Printausgabe, 10.02.2006)