Xgl bietet mehr als nur Eye Candy für den Linux Desktop - auch wenn dieses zweifelsohne ein wichtiger Bestandteil ist

Screenshot: Redaktion
Wenige Tage nachdem eine erste Präsentation des Novell Linux Desktop 10 vor allem wegen seiner 3D-Effekte für Begeisterung unter vielen Fans des Linux-Desktops gesorgt hat, hat der Softwarehersteller nun die noch fehlenden Reste des dafür verantwortlichen Codes veröffentlicht . Die Infrastruktur bildet dabei der hardwarebeschleunigte Grafikserver Xgl, die Effekte übernimmt compiz.

Compositing

Bei zweiterem handelt es sich um einen so genannten Compositing Manager, der eine Reihe von neuen Möglichkeiten für den Linux-Desktop zur Verfügung stellt. So können etwa einzelne Desktops auf einen Würfel projiziert werden, an Fenster kann stufenlos herangezoomt werden, auch eine Expose-Funktionalität findet sich unter den Features.

Erweiterungen

compiz ist aber nicht auf die mitgelieferten Fähigkeiten beschränkt, dank einer Plug-In-Architektur können neue Effekte hinzugefügt werden. Mit der Kombination aus Xgl und compiz werde Linux an die Spitze der grafischen Möglichkeiten unter allen Betriebssystemen im Desktop-Bereich katapultiert, zeigt sich Novell-Vizepräsident Nat Friedman überzeugt. Das Projekt erhält auch Unterstützung von einigen namhaften Soft- und Hardwarefirmen, so wollen unter anderem auch ATI und HP die Bemühungen von Novell unterstützen.

Nicht nur "Closed Source"

Befürchtungen, dass Xgl / compiz nur mit den "Closed Source"-Treibern von Nvidia und ATI funktionieren werden, scheinen sich unterdessen nicht zu bewahrheiten. Lediglich bei Nvidia-Karten wird man derzeit nicht um die "offiziellen" Treiber herum kommen, da die Open Source-Treiber noch keine 3D-Beschleunigung bieten und die Softwareemulation nicht die notwendige Performance liefert. Einige der Open Source-Treiber - unter anderem für Radeon-Karten oder auch Intels i810 - will man bald anpassen, um eine weitere Performanceverbesserung zu erreichen. Prinzipiell sollte Xgl aber auch mit nicht ganz aktuellen Grafikkarten eine ansprechende Performance bieten.

Ein bisschen Background

compiz unterscheidet sich auch technisch von bisher eingesetzten Compositing Managern für X.org wie den xcompmgr. Denn die neue Software ersetzt zusätzlich auch noch den laufenden Window Manager - unter GNOME wäre das der Metacity. Da Compositing und Window Manager stark miteinander interagieren müssen, mache es Sinn diese in einem Programm zu vereinen, so Entwickler David Reveman.

Speed

Xgl ermöglicht aber nicht nur 3D-Effekte sondern soll eine allgemeine Beschleunigung des grafischen Interfaces bringen. Denn auch 2D-Operationen wie das Rendering von kantengeglättetem Text profitiere von der bisher brach liegenden Power.

Ausblick

Zusätzlich wird hier eine Basis für künftige Entwicklungen geschaffen, denn Xgl verwendet als Abstraktionsebene das glitz-API, das wiederum von der Vektorgrafikbibliothek Cairo als Backend verwendet werden kann. Cairo kommt unter anderem beim GNOME-Desktop zum Einsatz, dadurch werden 3D-beschleunigte Interfaces möglich, die sich der jeweiligen Auflösung flexibel anpassen. Auch das Mozilla-Projekt will in Zukunft für seine Grafik-Engine Cairo zum Einsatz bringen, und kann damit von Xgl profitieren.

Infos

Auf einer eigenen Website informiert Novell über Xgl und Co., dort findet sich auch ein Link zum aktuellen Xgl-Source Code. compiz ist hingegen derzeit noch nicht veröffentlicht, soll aber nach Aussagen von Nat Friedman gegenüber dem WebStandard in den nächsten Stunden folgen. Auf der Info-Seite finden sich auch Links zu einigen Videos, die Xgl in Aktion zeigen. Interessantes Detail am Rande: In den Videos ist auch eine Überarbeitung des Startmenüs zu erkennen, die mit den Design-Entwürfen für den Novell Linux Desktop 10 weitgehend übereinstimmt.

Update, 09.02.

Mittlerweile wurde auch der Code von compiz freigegeben, er findet sich im CVS-Repository von freedesktop.org . (Andreas Proschofsky)