Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: APA/EPA/ANP/Roger Dohmen
ERSTER AKT

(Küche im Stil der Vierzigerjahre. Am Küchentisch Oma und Mama Gehrer, Erbsen zählend. Aus dem Nebenzimmer die Stimme der dreijährigen Liesl.)

LIESL (heiser brüllend): Oma, bad' mi! Mama, kumm! Oma, bad' mi! Mama, kumm!

OMA (steht auf): Ich geh' schon.

MAMA (hält sie zurück): Da bleibst! Diesmal wird sie sich nicht durchsetzen!

LIESL: Oma, bad' mi! Mama, kumm! Oma, bad' mi! Mama, kumm!

(Oma setzt sich kopfschüttelnd und zählt weiter Erbsen. Liesl brüllt weiter. Vorhang)

ZWEITER AKT

(Sechzig Jahre später. Büro im Bildungsministerium. Ministerin Gehrer gibt ein Interview.)

GEHRER: Freunde, Familie und Sport geben mir Kraft. Bei langen Wanderungen sage ich mir manchmal Sprüche vor. Omne patmi mane hum.

INTERVIEWERIN: Omne patmi mane hum? Sind Sie sicher?

GEHRER: Omne patmi mane hum. Das verleiht Geduld bei harten Strecken. (Vorhang)

Material: "Was haben Sie falsch gemacht?" Elisabeth Gehrer im Interview mit Conny Bischofsberger, "Kronen Zeitung", 5. 2. 06

2.

(2009. Büro des Personalchefs eines internationalen Konzerns in Wien. Der Personalchef hinter seinem Schreibtisch, rationalisierend. Seine Sekretärin tritt ein.)

SEKRETÄRIN: Draußen ist wieder einer wegen der Leiterstelle in der Wissenschaftsabteilung. Komischer Mensch. Er sagt, wir sollen die anderen gleich wegschicken, er ist auf jeden Fall der Beste.

PERSONALCHEF: Referenzen?

SEKRETÄRIN: Zwei Jahre Gugging, sagt er, Exzellenz-Institut, da geht nichts drüber.

PERSONALCHEF: Hat er die Hand ins Hemd gesteckt? So in Brusthöhe?

SEKRETÄRIN: Darauf habe ich nicht geachtet.

PERSONALCHEF: Egal. Sagen Sie ihm, er soll sich ein paar Minuten gedulden. Ich rufe die Rettung. Und seien Sie höflich zu ihm. Reden Sie ihn sicherheitshalber mit Majestät an. Bei denen weiß man nie.

(Vorhang)

(DER STANDARD, Printausgabe, 7.2.2006)