Bild nicht mehr verfügbar.

Dreimal Rot im Stiftungsrat (v. li.): Muliar, Graf und Meryn. Der Primar gibt dafür "Willkommen Österreich".

Fotos: APA

Bild nicht mehr verfügbar.

Zweimal Schwarz (v. li): März, Medwenitsch. Küberl arbeitet inzwischen gut mit Generalin Lindner.

Fotos: APA, Hendrich (1)
"Ich halte eine Weiterführung in der Form, wie der ORF bisher gemacht wurde, für inakzeptabel. Das ist nicht nur demokratiepolitisch schädlich, sondern wird auch zum Ruin des Unternehmens führen, wie man an den sinkenden Einschaltziffern merkt": Also sprach der SP-Vorsitzende zur APA.

Alfred Gusenbauer: "Das ist ein ÖVP-Parteifernsehen geworden, und die ÖVP versucht, diesen Zustand zu zementieren." Dafür könne es "keine Zustimmung" geben. Laut APA schließt er SP-Stimmen für ORF-Generaldirektorin Monika Lindner aus. Damit verbaut er ziemlich früh personellen Spielraum der SP im ORF. Lindner erklärte mehrfach, sie will sich im August der Wiederwahl stellen.

Publikumsrat entsandte sechs Vertreter in den Stiftungsrat

Just Freitag veröffentlichte die Agentur Gusenbauers Worte. Da ging es im ORF um den vorletzten Baustein für den Stiftungsrat, der im August den nächsten General mit einfacher Mehrheit wählt: Der neue Publikumsrat entsandte Freitag seine sechs Vertreter in den Stiftungsrat.

Drei per Fax gewählte Räte mussten darunter sein, also drei Rote. Die SP wünschte sich den Stimmenstärksten, Arbeiterkämmerer Harald Glatz. Die ÖVP indes schlug Primar Siegfried Meryn vor.

Die VP setzte sich - wohl ungeachtet Gusenbauers - im Publikumsrat mit 20 zu 15 Stimmen durch. Meryn hätte ablehnen können, nach zwei weiteren Abstimmungen wäre allein Glatz zur Wahl gestanden. Doch die Roten scheuten das (überschaubare) Risiko.

Neun Mandate der Regierung

So wurden es Meryn, Fritz Muliar und Steffi Graf (alle SP), Tonträgerlobbyist Franz Medwenitsch und Exrektor Leopold März (beide VP) sowie der als unabhängig geltende Caritas-Chef Franz Küberl. Er hat Lindner nicht gewählt, betonte aber zuletzt das gute Arbeitsverhältnis zu ihr.

Dem Stiftungsrat fehlen nun noch die neun Mandate der Regierung: die letzte, schmale Hoffnung der ÖVP auf eine rein schwarze Mehrheit dort. Mit BZÖ und/oder FP geht es sich jedenfalls aus.

Regiert die SPÖ nach der Nationalratswahl mit, will Gusenbauer das 2001 gewendete ORF-Gesetz "reformieren". Nach dem Muster der britischen BBC, sagt er. Umfärbeaktionen wie stets nach Regierungswechseln weist er im APA-Interview von sich. In SP-Kreisen kursieren seit Langem Überlegungen für eine Wende rückwärts im ORF. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 4./5.2.2006)