Trixi Schuba "zufrieden" ganz ohne Prämie und Grundstück.

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Wien - Wer eigentlich der Herr Seibt gewesen ist? Hellmut Seibt war 1951 und 1952 Europameister und 1952 Olympiazweiter im Eiskunstlauf. Als Trainer hatte Seibt auch Trixi Schuba unter seinen Fittichen, er brachte ihr Pflichtbewusstsein bei, sie wurde 1972 Olympiasiegerin. Schuba war derart überlegen, dass der internationale Verband bald die Bedeutung der Pflicht reduzierte ("Lex Schuba"), ihr war das insofern egal, als sie ohnehin Profi wurde und zur Revue ging, zu den "Ice Follies" und zu "Holiday on Ice".

Heute und seit dreieinhalb Jahren ist Schuba die Präsidentin des heimischen Kunstlaufverbands, und nach wie vor ist sie Versicherungsangestellte. "Bei den Skisportlern", sagt sie, "ist es damals losgegangen mit dem Geldverdienen." Bei den Kunstläufern ging es nicht los, für den Olympiasieg gab's einen von Fritz Wotruba kreierten Ehrenring und sonst gar nichts, kein Grundstück, keine Prämie. "Jetzt verdienen einige gut, und das sollen sie auch", sagt Schuba. "Ich bin trotzdem zufrieden mit meinem Leben. Mehr als zwei Schnitzel kann ich auch nicht essen am Tag."

1972 hat sie zunächst Gold gewonnen und sich dann sehr gewundert. Über Wien, ihre Heimatstadt. In Wien war bereits der von den Spielen ausgeschlossene Karl Schranz angekommen, ihm hatte der ORF (Gerd Bacher) auf dem Heldenplatz einen großen Empfang organisiert. Schuba war weder für den ORF noch für den Heldenplatz ein Thema. "Es hat mich schon traurig gestimmt", sagt sie, "dass ich als Siegerin nicht die gleiche Ehrung erfahren habe wie ein Ausgeschlossener." Den Schranz-Empfang habe sie erst Jahre später im TV gesehen, da habe sie "eine Ganslhaut gekriegt. Weil's erschreckend war zu sehen, wie man solche Menschenmassen auf die Straße kriegen kann, noch dazu auf diesen Platz".

Sapporo 1972, das waren die letzten Spiele vor München, die letzten ohne gigantischen Sicherheitsaufwand. "Für die große Mehrheit der Sportler", sagt Schuba, "war allein das Dabeisein etwas ganz Besonderes und Schönes." Vom Karl-Schranz-Ausschluss habe sie im olympischen Dorf nicht viel mitbekommen, einen Boykott aus Solidarität hätte sie nicht verstanden. "Der Karl wäre mit einem Olympiasieg vielleicht gar nicht so populär geworden", sagt sie. "Aber jeder ist, was er ist. Und ich bin Olympiasiegerin, das kann mir niemand nehmen."

Nicht durch Wien, sondern durch Linz ist Trixi Schuba 1972 kutschiert worden, der oberösterreichische Sportjournalist Leo Strasser hatte diese Idee während des Rückflugs aus Sapporo geboren. Heute liegen die Medaille und der Wotruba-Ring in einem Banksafe, von der Medaille gibt's ein Duplikat, das ist laut Schuba nur in zweiter Linie für etwaige Wohnungseinbrecher gedacht und in erster Linie für sie selbst. "Weil ich sie mir ab und zu gern anseh."

Schuba war nach Herma Szabo (1924) Österreichs zweite und letzte Eiskunstlauf-Olympiasiegerin, war ebenfalls 1972 Österreichs letzte Weltmeisterin. Jetzt freut sie sich als Präsidentin, dass sie den Vorarlberger Viktor Pfeifer (EM-18.) als Turin-Teilnehmer durchgebracht hat. An Schubas ersten Trainer erinnert dieser Tage in der Kagraner Schultz-Halle das Hellmut-Seibt-Memorial. 500 Nachwuchsläufer aus 23 Nationen nehmen teil. Trixi Schuba schaut zu, pflichtbewusst, wie sie ist. (DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 2. Februar 2006, Fritz Neumann)