Die Zahl der Schubhäftlinge in Österreich nimmt zu - Hintergrund ist das am 1. Jänner in Kraft getretene neue Asyl- und Fremdenrecht.

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Wien - Die Zahl der Schubhäftlinge nimmt in Österreich seit Jahresbeginn wieder zu. Hintergrund ist das neue Asyl- und Fremdenrecht, das seit 1. Jänner in Kraft ist. Derzeit seien die Schubhaftanstalten, in denen die Betroffenen auf ihre Abschiebung warten, völlig ausgelastet, berichteten die für die Betreuung zuständigen Experten Günter Ecker (Verein Menschenrechte) und Christoph Riedl (Diakonie).

Der "erwartbare Trend" habe eingesetzt, sagte Ecker, dessen Verein in Österreich mehr als die Hälfte der Schubhäftlinge betreut. In Wien sei die Zahl der Schubhäftlinge bespielsweise von rund 140 auf etwa 200 gestiegen. Grund für den Anstieg ist die neue Rechtslage. Seit heuer kommen auch so genannte Dublin-Fälle, also Flüchtlinge, für die ein anderer EU-Staat, Norwegen oder Island zuständig ist, in Schubhaft. Bisher durften sie ihr Asylverfahren in einem Flüchtlingslager wie Traiskirchen abwarten. Weiters kann seit heuer Schubhaft verhängt werden, wenn ein straffällig gewordener Fremder während des Gefängnisaufenthalts einen Asylantrag stellt.

"Haft statt Schutz"

Für die Grünen bestätigen die steigenden Schubhaftzahlen die Befürchtungen über die Auswirkungen des neuen Fremdenrechtspaketes, betonte Menschenrechtssprecherin Terezija Stoistis am Sonntag. "Die neuen Zahlen zeigen, dass Österreich AsylwerberInnen Haft statt Schutz bietet", meinte sie in einer Aussendung.

Außerdem kritisierte Stoisits, dass das Innenressort das Gesetz verschärft habe, sich in der Folge aber nicht einmal auf die zu erwartende Steigerung vorbereitet hat. Dem widersprach der Innenministeriums-Sprecher Johannes Rauch: Dem Ministerium sei "vollkommen klar" gewesen, dass die Schubhaften mit der per 1. Jänner in Kraft getretenen Gesetzesänderung steigen werde. Es seien genügend Kapazitäten für Schubhäftlinge vorhanden, in den Polizeianhaltezentren seien noch ausreichend Kapazitäten frei, so Rauch am Sonntag gegenüber der APA. Er könne die Kritik der Grünen Menschenrechtssprecherin Stoistis "nicht nachvollziehen", so Rauch: "Das Asylgesetz wurde mit breiter Mehrheit beschlossen und wir nutzen es jetzt dementsprechend aus."

2006 bis zu 15.000 Menschen in Schubhaft

Über das Jahr gerechnet erwartet Ecker zwischen 12.000 und 15.000 Schubhäftlinge. Zum Vergleich: Im Jahr 2005 waren es etwa 7.600. Dabei hat es sich allerdings um den niedrigsten Wert seit Jahren gehandelt. In den Jahren davor gab es zwischen 9.000 und 11.000 Schubhäftlinge.

Von gefüllten Anhaltezentren - abgesehen von Eisenstadt - berichtete auch Riedl, der als Schubhaftkoordinator für Diakonie und Caritas fungiert. Er geht davon aus, dass das auch das ganze Jahr so sein wird.

Fälle von Zwangsernährung in Folge eines Hungerstreiks gibt es übrigens laut Ecker und Riedl bisher nicht. Im Herbst 2005 war darüber eine heftige innenpolitische Debatte entbrannt.

Neben den Zusatzkapazitäten liege die Herausforderung für seine Einrichtung momentan vor allem im großen Erklärungs- und Informationsbedarf, erläuterte Ecker. Viele Flüchtlinge seien noch auf die alte Rechtslage eingestellt und würden daher nicht verstehen, warum sie in Schubhaft kommen. Hier versuche man, mit muttersprachlichen Betreuern über die neue Situation zu informieren. (APA)