Bild-Copyright: Peter Garmusch spielt Wolfgang Amadeus Mozart, fotografiert von Natascha Hochenegg

Foto: Natascha Hochenegg

"Grausam" kitzelte ihn der "schöne rothe frok" im Herzen, an ihm wollte er die Knöpfe sehen, "mit welchen ich schon lange in meinem gedanken schwanger gehe." Das Problem war nur der Preis, auf ihn hatte Mozart wieder einmal vergessen: Weil, so im Brief an Martha Elisabeth Baronin von Waldstätten, er "nur die schönheit in betrachtung gezogen" habe.

Mozart war ein Fashion-Victim - so würde man ihn zumindest heute bezeichnen. Auf seiner großen Bewerbungsreise bat er - knapp zweiundzwanzigjährig - den daheim gebliebenen Vater in Kleidungsfragen um Rat, mit Nannerl diskutierte er die Fragen der neuesten Etikette. Modefragen waren auch der übrigen Familie wichtig: Die Mutter gab der Tochter aus Paris Modetipps, Leopold echauffierte sich über Nannerl und ihrem Englischen Hut ("als wenn der Rhinoceros käme"). Doch auch wenn das viel später gezeichnete Bild von Mozart als Vorgänger der Punk-Bewegung an den auftoupierten Haaren herbeigezogen ist: Stylingfragen spielten für Wolfgang Amadeus eine große Rolle.

Mozartsocken und Mozartunterhosen

Daran erinnern sich heute auch die Couturiers: Nicht nur, dass im Mozartjahr besonders clevere Unternehmen eigene Mozartkollektionen präsentieren (die Denim-Marke Closed etwa, die 13 Rockstücke auf den Markt bringt), dass es Mozartsocken und Mozartunterhosen zu kaufen gibt und dass die Unterwäschemarke Triumph gar einen eigenen Modewettbewerb ausgeschrieben hat ("Dress up for Mozart!"); es ist vor allem das Barock und das Rokoko, die in der allgemeinen Mozart-Seligkeit in der Mode zum großen Thema werden.

Mit einem der inspirierendsten Häuser an vorderer Front: Bei Balenciaga setzt Chefdesigner Nicolas Ghesquière ganz auf das Rüschenthema. Er kleidet seine zarten Models in federleichte, weiße Spitzenhosen, bauscht ihre Röcke und ziert sie mit ausladenden Rüschenblusen. Ähnlich Dolce & Gabbana, die in der aktuellen Kollektion in Tapisseriemuster schwelgen. John Galliano setzt bei Dior dagegen ganz auf den die nächste Saison dominierenden Nude-Look, ein Spiel mit der Transparenz und schmeichelhaften Akzentuierung von Kleidern. Noch direkter ist H&M: Der schwedische Moderiese nennt seine extravaganteste Linie Barococo.

Nostalgischer Luxus kehrt wieder

Mozartjahr und modischer Neobarock, diese Allianz hat viel mit dem Hang zu Luxus zu tun, der bereits seit einiger Zeit feststellbar ist. Zu Zeiten Mozarts war Prachtentfaltung vor allem für das aufstrebende Bürgertum wichtig. Um sich vom Adel und dessen Perücken und Schönheitspflästerchen abzuheben, wurde Kleidung für das Bürgertum ein Zeichen sozialer Zugehörigkeit. Statt eines Degens hielten sie einen Spazierstock in der Hand. Für heutige Zeitgenossen ist der luxuriöse Exzess wohl in erster Linie eine Gegenbewegung zu den nüchternen Neunzigern - zumindest in der Mode. Und vielleicht auch ein idealer Weg, der aus der Konsumkrise führt. In diesem Sinne halte man sich am besten an den Jubilar: "Ich möchte alles haben was gut, ächt und schön ist!", ließ er in einem Brief des Jahres 1782 die Adressatin Baronin von Waldstätten wissen. (Der Standard/rondo/27/01/2006)