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Dick Marty: CIA hat mehr als 100 Häftlinge in Europa festgenommen und in Länder gebracht, wo sie gefoltert wurden.

foto: ap/YOSHIKO KUSANO
Straßburg - Der vom Europarat eingesetzte Sonderermittler Dick Marty sieht Hinweise auf eine systematische "Auslagerung" von Folter durch den US-Geheimdienst CIA. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass europäische Regierungen oder deren Geheimdienste von den "Überführungen" von CIA-Häftlingen nichts gewusst hätten, erklärte der Schweizer Parlamentarier in seinem am Dienstag in Straßburg vorgelegten Zwischenbericht. In den vergangenen Jahren seien vermutlich mehr als 100 Gefangene von den USA in andere Länder geflogen worden.

Keine Beweise, aber viele Andeutungen

Es gebe bisher keine Beweise für die Existenz von Geheimgefängnissen der CIA in Polen oder Rumänien, wie dies die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) angedeutet hatte, betonte Marty. Allerdings gebe es "viele Andeutungen aus verschiedenen Quellen, die als verlässlich betrachtet werden müssen" und weitere Ermittlungen rechtfertigten.

Auftrag

Die ersten Informationen über geheime CIA-Haftanstalten zur Vernehmung von Terrorverdächtigen veröffentlichte am 2. November die US-Zeitung "Washington Post". Einen Tag danach berichtete Human Rights Watch über Erkenntnisse, dass Terrorverdächtige aus Afghanistan nach Polen und Rumänien gebracht worden seien. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats beauftragte den Tessiner Ständerat Marty am 7. November, den Berichten nachzugehen.

Schieder

Der frühere Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, Peter Schieder, war beauftragt worden, die politischen Dimensionen der Affäre um die umstrittenen CIA-Geheimgefängnisse und -Gefangenentransporte zu untersuchen. Der Österreicher ist damit neben Marty der zweite Europarats-Berichterstatter.

Detaillierte Informationen

Marty begrüßte, dass er am Montag detaillierte Informationen von der Luftsicherheitsbehörde Eurocontrol und vom europäischen Satellitenzentrum in Torrejon erhielt. Diese sollen Aufschluss geben bei der Aufklärung über die Flugrouten der von der CIA genutzten Maschinen sowie über mögliche Gefängnisse in Polen und Rumänien.

EU fordert von Mitgliedern Hilfe bei Aufklärung

EU-Justizkommissar Franco Frattini hat die Mitgliedstaaten und Kandidatenländer der Europäischen Union aufgefordert, dem Europarat bei der Aufklärung der CIA-Affäre volle Unterstützung zu leisten. Der Zwischenbericht des Schweizer Sonderermittlers habe viele wichtige und teilweise neue Informationen geliefert, erklärte Frattini nach Angaben der Brüsseler Behörde am Dienstag in Sofia. Der Kommissar hob insbesondere Martys Feststellung hervor, wonach es höchst unwahrscheinlich sei, dass die europäischen Regierungen oder ihre Geheimdienste nichts von der Auslieferung von Terrorverdächtigen gewusst hätten. (APA/AP/AFP/sda)