Der Pharmariese Novartis mit Sitz in Basel hat Hoffnungen gedämpft, dass bei einem Auswachsen der Vogelgrippe zu einer Pandemie rasch entsprechende Impfstoffe in erforderlicher Menge produziert werden könnten. "Das Problem sind die beschränkten Produktionskapazitäten", sagte der designierte Chef des künftigen Impfstoff- und Diagnostikgeschäfts von Novartis, Jörg Reinhardt, bei der Bilanzpräsentation am Donnerstag. "Die Industrie braucht einige Jahre der Vorbereitung, um das zu schaffen."

Viren ändern sich

Eine der Hauptherausforderungen bei dem Vogelgrippevirus wie auch bei Influenzaviren ist, dass sie sich ununterbrochen ändern und so dem menschlichen Immunsystem entgleiten. Nach Ansicht von Experten lässt sich ein adäquater Impfstoff nach Isolierung des Virus erfahrungsgemäß in acht bis zwölf Wochen entwickeln. Die gesamte Industrie habe derzeit aber nur einen Bruchteil der Kapazität, um ein Vakzin für flächendeckende Impfaktionen anbieten zu können, sagte Reinhardt.

Das Management von Novartis jedenfalls sieht sich durch den kurz vor Abschluss stehenden Kauf des US-Impfstoffherstellers Chiron in ihrer Strategie bestärkt, ganz auf Gesundheit zu setzen. Grundsäulen des fünftgrößten Pharmakonzerns der Welt sind neben der Sparte Pharma und Generika (Nachbaumedikamente) auch Consumer Health und – neuerdings – Impfstoffe.

Jahr um Jahr Rekordergebnisse

Zur Zeit der Fusion von Ciba-Geigy und Sandoz zu Novartis vor zehn Jahren wurden 46 Prozent des damaligen Konzernumsatzes von 27 Mrd. Dollar (22,3 Mrd. Euro) im Gesundheitsbereich erwirtschaftet. Im Vorjahr waren es 95 Prozent des Konzernumsatzes von 32,2 Mrd. Dollar (26,6 Mrd. Euro; plus 14 Prozent). Seit 1996 hat der Novartis- Konzern, der 91.000 Mitarbeiter beschäftigt, Jahr um Jahr Rekordergebnisse geschrieben. Der operative Gewinn kletterte im Vorjahr um zehn Prozent auf 6,9 Mrd. Dollar. "Wir werden heuer um einen hohen einstelligen Prozentsatz und damit schneller als der Markt wachsen", stellte Novartis-Chef Daniel Vasella in Aussicht.

Vorentscheidung über Österreich

Noch heuer soll eine Vorentscheidung fallen, ob auch in Österreich weiter investiert wird. Im Tiroler Kundl ist das weltweite Kompetenzzentrum für Antiinfektiva samt Produktion, im nahe gelegenen Schaftenau wurde erst im Vorjahr eine gut 50 Mio. Euro teure Zellkulturanlage in Betrieb genommen. Durch die geplante stärkere Hinwendung zu Biogenerika stoße man spätestens 2009 auf Kapazitätsgrenzen, sagte der für die Generikasparte (Sandoz) zuständige Andreas Rummelt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.1.2006)