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STANDARD: In Deutschland können 300.000 Anleger ihre Immobilienfonds-Anteile nicht verkaufen, weil die Deutsche Bank den Fonds vorübergehend schloss. Experten erwarten nun Wertberichtigungen in dreistelliger Millionenhöhe. Steht das den österreichischen Immobilienfonds auch bevor?

Metzger: Grundsätzlich ist zu bedauern, dass die Immobilienbewertung in Österreich noch nicht den Qualitätsstandard erreicht, den die Finanzwirtschaft Investoren und Anlegern schuldig ist. Daher müssen, nicht zuletzt wegen der Pensionsfonds und diverser zum Teil staatlich geförderter Altersvorsorgeprodukte, Voraussetzungen geschaffen werden, die sicherstellen, dass die Bewertungen den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Aber: man muss davon ausgehen, dass Immobilienwerte nicht immer linear nach oben gehen. Wie bei anderen Finanzassets gibt es auch bei Immobilien Schwankungen, die für die Bewertung von Bedeutung sind.

STANDARD: Wie unterscheidet sich nun der deutsche vom österreichischen Immobilienmarkt?

Metzger: Die heimischen Immobilienfonds sind noch sehr jung. In die deutschen Fonds floss in den vergangenen drei bis fünf Jahren enorm viel Geld. 90 Milliarden Euro sind dort investiert. Das war ein dynamischer Markt. Aber das Geld musste veranlagt werden und da wurde mitunter zu teuer gekauft. Dann sackte die Konjunktur ab und seither kämpfen viele mit Leerständen. Wenn eine Firma die Produktion in den Osten verlagert oder rationalisiert, heißt dass auch, dass der bisherige Standort in Deutschland geschlossen wird und es zu Leerständen kommt. In der Folge müssen diese Immobilien wertberichtigt werden, siehe das ehemalige Reifenwerk in Traiskirchen. Ein Fonds mit solchen Immobilien muss abwerten.

STANDARD: Wie regiert Ihre Branche auf die neue Situation?

Metzger: Wenn ein Investor 150 Objekte im Portfolio hat und davon sind drei mies, kratzt mich das nicht, dann rate ich, diese drei Objekte zu verwerten. Die Probleme beginnen, wenn man die Augen verschließt und das Portfolio nicht ständig analysiert wird. Die echten Profis halten sich ein unabhängiges Team von Leuten an der Seite, die alle ein bis zwei Monate die Risikofälle anschauen und darüber diskutieren. Dazu gehört auch, die Immobilien regelmäßig zu begehen, über die Bonität der Mieter Bescheid zu wissen und die Dauer der Mietverträge zu kennen. Kurz: Der Verkehrswert der Immobilien muss in kurzen Abständen geprüft werden. Wenn das nicht regelmäßig geschieht, kommt es zu Situationen wie jüngst in Deutschland.

STANDARD: Warum zählt bei der Bewertung nur mehr der Ertragswert, während der Liquidationswert in die Beurteilung des Verkehrswertes nicht einfließt?

Metzger: Das wäre unrealistisch und eine Überforderung beim Bilanzieren. Möglich wäre, bei der Verkehrswertfeststellung Varianten mit einem Worst- und einem Best-Case-Szenario mitzurechnen. Aber häufig wird auf aktuelle Bewertungen mit dem Argument der zu hohen Kosten verzichtet, was absurd ist, zumal die Bewertungen wie Versicherungsprämien zu betrachten sind. Und zum Leerstand: Ich kann diesen in der Bewertung mit null ansetzen, oder ich setze im Gutachten fiktive Mietansätze ein, die - sobald die Immobilie vermietet ist - zu erwarten sind.

STANDARD: Sehen Sie es als problematisch, dass die meisten Gewinne der Immobilien AGs lediglich Aufwertungsgewinne sind und nicht aus höheren Mieterträgen stammen?

Metzger: Schauen Sie, wenn jemand ein Objekt teuer gekauft hat, dann stellt sich die Frage, inwieweit der Investor in der Lage ist, die Immobilien aktiv zu bewirtschaften, etwa mittels Dachbodenausbauten, Ausmietungen, höherer Neuvermietungen etc. und dadurch zusätzliche Mieteinnahmen lukrieren kann. Schafft er das nicht, war der Kauf ein Fehlinvestment. Genau hier liegt das Problem: Denn für diese Art der Projektentwicklung braucht man Profis und die sind äußerst selten am Markt. Da wird über eine längere Zeit Know-how gebunden. Und in dieser Detailarbeit liegt der Hund begraben, da habe ich eben bei einigen Investoren so meine Bedenken.

STANDARD: Was raten Sie Ihren Kunden in solchen Fällen?

Metzger: Wenn jemand ein Zinshausportfolio kauft, in dem auch ein kleineres Einkaufszentrum und ein Hotel dabei sind, sollte er die beiden Letzteren verkaufen, weil er für die Bewirtschaftung dieser beiden Objekte keine Spezialisten hat. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.12.2005)