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Der Wahlkampf 2006 hat begonnen: Während der EU-Präsidentschaft starten sowohl ÖVP wie SPÖ in die erste Aufwärmrunde für das große Finale im Herbst. Ein Vergleich der Ausgangslagen bei Schwarzen und Roten zeigt: In beiden Mannschaften gibt es jede Menge Lücken und Schwachstellen.

Fotos: APA - Montage: Standard

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Wien – Das jüngste Produkt aus der schwarzen Wahlkampfwerkstatt ist ein handlicher Folder, ganz im patriotischen Rot-Weiß-Rot gehalten, und trägt den Titel "Österreich erfolgreich". Auf der Innenseite ist der Kanzler zu sehen. Die Farben sind behaglich, Schüssels Falten kaum noch erkennbar.

Im Bild: Schüssel bei einer Pressekonferenz zum Thema "Österreich erfolgreich" im November 2005.

Foto: AP Photo/Martin Schalk

Auch Alfred Gusenbauer lässt sich seit Wochen landauf, landab in sanften Brauntönen leicht verwaschen plakatieren. Wenn die Linsen des Fotografen weichzeichnen, ist der Wahlkampf eröffnet – auch wenn es niemand offiziell zugeben will.

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ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka hat 2006 schon zum "Jahr der Entscheidung" hochstilisiert, noch ehe es begonnen hat. Und tatsächlich – für Kanzler Wolfgang Schüssel lautet die Frage: Noch einmal Kanzler oder Pensionist? Für Gusenbauer heißt es: Entweder gewinnen oder als Oppositionsführer abtreten.

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Als erste Aufwärmrunde versuchen Schwarze wie Rote das innenpolitische Vakuum während der EU-Präsidentschaft mit Frühjahrskampagnen zu füllen. Die ÖVP setzt auf ihre "Zukunftsgespräche" samt Internetplattform und gleich zwei "Zukunftsbussen", die SPÖ will die klassischen SPÖ-Themen Arbeitsmarkt, Gesundheit und Bildung plakatieren – sie sollen, wenn es nach SP-Rechnung geht, die "Emotionen der Österreicher" besser treffen.

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Vor allem für den schwarzen Parteiapparat ist die Frühjahrskampagne ein wichtiger Testlauf. Die verpatzte ORF- Publikumsrat-Wahl zeigte, dass die Stimmenmaschinerie Lopatkas an Schwung verloren hat. "Da wartet ein hartes Stück Arbeit auf uns", meint der angekratzte General.

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Aber auch in Schüssels Mannschaftsaufstellung gibt es Probleme. Das Durchschnittsalter des "bewährten Teams" liegt bei 56, als jung und unverbraucht können nur Außenministerin Ursula Plassnik und Umweltminister Josef Pröll verkauft werden. Ohne sie käme die VP-Regierungsmannschaft im Mittel mit 59 Jahren dem gesetzlich vorgeschriebenen Pensionsantrittsalter für diese Generation schon bedenklich nahe.

Foto: APA/Robert Jäger

Vor allem Elisabeth Gehrer, die als Bildungsministerin das Zukunftsthema schlechthin zu betreuen hat, galt deshalb als Austauschkandidatin.

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Umso überraschender – und für manchen Schwarzen schlicht ein Schock – war es, als Schüssel in der letzten Pressestunde einen personellen Treueschwur leistete: Sowohl Gehrer wie Wirtschaftsminister Martin Bartenstein seien fix dabei.

Foto: AP PHoto/Andreas Schaad

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Schüssel wörtlich: "Sie lieben diese beiden? Ich auch." Bartenstein hat seinen Willen, weiter zu dienen, inzwischen vorsichtshalber auch medial noch einmal deponiert. Gehreres Verlängerung wird parteiintern als Ehrenrunde gesehen – Dank für lebenslange Loyalität.

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Das zweite große Manko: Der ÖVP fehlt es an sozialer Kompetenz. Politologe Anton Pelinka: "Es gibt eine personelle Lücke im Bereich der klassischen Sozialpolitik. Dieses Feld hat die ÖVP fünf Jahre lang den Blauen und jetzt Orangen überlassen."

Foto: Reuters/Leonhard Foeger

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Bildung und Soziales sind also offene Flanken in der schwarzen Mannschaftsaufstellung. Doch rote Angreifer sind nicht in Sicht. Neben Bildungssprecher Erwin Niederwieser gilt Wissenschaftssprecher Josef Broukal als rotes Aushängeschild des "Kompetenzteam Bildung" – Chancen auf ein Ministeramt haben aber beide nur bedingt. "Der SPÖ fehlt hier der logische Angreifer. Eine Person mit bildungspolitischer Generalkompetenz", analysiert Pelinka trocken.

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Unklar ist auch, wer Schatten-Sozialminister der SPÖ ist: Sprecherin des Kompetenzteams ist Kärntens SPÖ-Chefin Gaby Schaunig. Sie hat aber bereits versprochen, nicht nach Wien zu wechseln – genauso wie Gabi Burgstaller.

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Ein Muster, das sich in den anderen Themenbereichen fortsetzt: Gleich drei "kompetente" Ansprechpartner finden sich im SP-Sicherheitsteam: Neben Darabos haben die Wiener Integrationsstadträtin Sonja Wehsely und der oberösterreichische SP-Chef Erich Haider Interesse angemeldet. Im Zweifelsfall spricht Gusenbauer selbst. Als Ministerliste will Darabos die sechs Teams aber ohnehin nicht verstanden wissen. Überhaupt sei es nicht notwendig, alle Minister vor der Wahl zu präsentieren und so an den politischen Gegner zu verheizen.

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Ihre Mannschaft mit Quereinsteiger auffrischen will die ÖVP aber in jedem Fall: "Da hat es bei uns immer Neuerungen gegeben", kündigt Lopatka an. Auch die SPÖ denkt an Neues. "Nur Fehler wie in Deutschland würde ich mir gerne ersparen", erinnert sich Darabos an die Probleme mit Steuerexperten Paul Kirchhoff. (DER STANDARD, Printausgabe 28.12.2005)

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