Wien/Jerusalem - "Der Iran wird in einem, höchstens zwei Jahren, über angereichertes Uran verfügen", erklärte der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, Meir Dagan, in seinem Jahresbericht an den Außenpolitischen Ausschuss der Knesset Dienstag Früh. "Von diesem Punkt an ist die Fertigstellung einer Atomwaffe nur mehr eine technische Angelegenheit", sagte Dagan nach Angaben der "Jerusalem Post".

"Technische nukleare Unabhängigkeit"

Sollte der Iran ungehindert fortfahren, werde er in den kommenden Monaten die "technische nukleare Unabhängigkeit" erlangen, warnte der Mossad-Chef. Er bekräftigte damit Aussagen von Generalstabschef Dan Halutz, der gemeint hatte, der Iran könnte frühestens 2008, spätestens aber 2015 über die Atombombe verfügen.

Vorige Woche hatte die "Jerusalem Post" berichtet, der Iran habe kürzlich 12 Marschflugkörper mit einer Reichweite von bis zu 3000 Kilometern erworben. Israelischen Geheimdienstquellen zufolge können diese Raketen mit nuklearen Sprengsätzen bestückt werden.

"Wachsende Bedrohung für Israel"

Für den Geheimdienstchef der Israelischen Armee, Aharon Zeevi Farkash, besteht seitens des Iran eine erhebliche und wachsende Bedrohung für Israel, zumal die USA im irakischem "Sumpf" steckten. Vor dem Außenpolitik-Ausschuss der Knesset sagte Farkash am Dienstag laut "ynet" außerdem, der Iran arbeite mit Hochdruck an einem zweiten nuklearen Projekt.

Er sehe keine wirkliche Möglichkeit, den Iran auf diplomatischem Weg von einer atomaren Bewaffnung abzuhalten, meinte Farkash. Man sollte aber nicht aufgeben, sondern weiter mit wirtschaftlichen und politischen Sanktionen Druck auf Teheran ausüben. Sollte es der internationalen Diplomatie nicht gelingen, das iranische Atomprogramm bis März vor den UNO-Sicherheitsrat zu bringen, müsste der diplomatische Prozess als gescheitert betrachtet werden.

Ausschussvorsitzender Yuval Steinitz (Likud) erklärte, das vom Armeegeheimdienstchef gezeichnete Bild sei sehr Besorgnis erregend und zeige, mit welch großer Bedrohung Israel konfrontiert sei. Der jetzige Zeitpunkt sei kritisch. Der Iran sei entschlossen, seine nuklearen Fähigkeiten weiter auszubauen und verstärke seine Raketenrüstung mit beängstigender Geschwindigkeit. Da der Iran auf diese Weise zur stärksten Macht in der Region zu werden drohe, sei mit entscheidende Auswirkungen auf Israel zu rechnen, meinte Steinitz.

Der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad fordert die Tilgung Israels von der Weltkarte und hat den Holocaust an den Juden als "Mythos" bezeichnet.

Israel dürfte über mehr als hundert Atombomben verfügen, hat dies aber offiziell nie zugegeben. Vor kurzem hat Israel deutsche U-Boote erworben, von denen aus gegebenenfalls ein nuklearer Zweitschlag möglich wäre.

1981 hatte die israelische Luftwaffe zu einem vernichtenden Schlag gegen den im Bau befindlichen Atomreaktion Osirak im Irak ausgeholt. Teheran hat Israel für den Fall eines ähnlichen Vorgehens gegen iranische Atomanlagen mit der Vernichtung gedroht. (APA)