Damit habe er sich der Beihilfe zu Kriegsverbrechen schuldig gemacht. Außerdem entschied das Gericht, dass es sich bei dem Giftgas-Angriff auf Halabja um Völkermord gehandelt hat. Vom Vorwurf der Beihilfe zum Völkermord wurde van Anraat allerdings freigesprochen.
Mittelsmann
Das Gericht entsprach mit dem Strafmaß den Forderungen der Anklage. Staatsanwalt Fred Teeven sagte in seinem Schlussplädoyer: "Das Senfgas und das Nervengas, das mithilfe van Anraats hergestellt wurde, hat zehntausende Opfer im Irak und im Iran verursacht." Demnach war der Niederländer eine Art Mittelsmann, der auf dem Weltmarkt Chemikalien kaufte, um sie trotz Exportbanns an die damalige irakische Führung weiter zu verkaufen.
Zwar hatte van Anraat zugegeben, chemische Substanzen an den Irak verkauft zu haben. Laut Anklage waren es zwischen 1984 und 1988 über 1000 Tonnen. Er bestritt jedoch, über deren Zweck in Kenntnis gewesen zu sein. Laut Dokumenten und Zeugen wusste der Geschäftsmann jedoch seit 1984, dass die Stoffe zur Produktion von Giftgas einsetzbar waren.
Senfgas
Zudem sei er zwischen 1985 und 1988 der einzige Lieferant von Thiodiglycol an den Irak gewesen. Das Gericht urteilte dann auch entsprechend, dass der Angeklagte "wissen musste", dass die Substanzen zur Herstellung von Giftgas genutzt werden konnten.
Thiodiglycol ist ein Vorstufenprodukt bei der Herstellung von Lost, ein Stoff der nach seinen Entwicklern Lommel und Steinkopf benannt ist. Lost ist ein gasförmiger chemischer Kampfstoff. Schwefellost wird auch als Senfgas bezeichnet und wurde im ersten Weltkrieg erstmals in Belgien eingesetzt.
Dem Vorwurf der Beihilfe folgten die Richter allerdings nicht. Van Anraat habe von den Völkermord-Absichten der damaligen irakischen Führung nichts gewusst. Allerdings heißt es im Urteil, dass die "Kriegsverbrechen", zu denen der Angeklagte beigetragen habe, "von so schwerer Natur" seien, dass die Höchststrafe ihnen nicht gerecht werde. Es war das erste Mal, dass ein Gericht den Giftgas-Angriff auf die Kurdenstadt Halabdscha als Völkermord bewertete. Damals waren an einem Tag mehr als 5000 Menschen getötet worden.