Gerald Preinfalk

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Gerald Preinfalk, Österreichs wohl vielseitigster Saxofonist, gastiert am Donnerstag, 22.12., im Rahmen der "Jazzit Label Night" im Wiener Porgy & Bess. Ein Gespräch über Identitätssuche und das Dilemma einer extremen musikalischen Neugierde.


Wien – Sucht man dieser Tage das Gespräch mit Gerald Preinfalk, dann sprudelt es nur so aus ihm heraus, hat doch die Uraufführung von Bernhard Langs "Differenz/Wiederholung 14" mit den Wiener Symphonikern nicht nur beim Publikum, sondern auch bei ihm, dem Solisten des Abends, starke Eindrücke hinterlassen.

Preinfalk schwärmt von der Akkuratesse, mit der ihm der Komponist den Part "in die Finger" geschrieben habe, wodurch es möglich wurde, all das auszuspielen, was er sich in den letzten Jahren als umtriebiger Interpret und Improvisator erarbeitet habe.

Coltrane und Scelsi

"Dabei habe ich gespürt, dass das wirklich ich bin", resümiert der 34-jährige Oberösterreicher. Und er sagt damit sowohl Bemerkenswertes über Langs Komponierarbeit als auch über sich selbst aus, ist doch beim technisch kompletten Saxofonisten – dessen Fähigkeiten als Moderne-Interpret durch seine Mitgliedschaft beim Klangforum Wien geadelt werden, der andererseits als Jazzmusiker (Hans-Koller-Preis 2001) Respekt genießt – die Frage nach dem Eigenen stets ein wunder Punkt gewesen.

"Es gibt meine eigene Musik noch immer nicht": Mit diesem offenherzigen Sager brachte Preinfalk vor Jahren das Dilemma seiner Neugierde auf den Punkt – einer Neugierde, die den in Wien, Paris und Boston Ausgebildeten dazu brachte, zwischen Coltrane und Scelsi, zwischen Tango Nuevo und Techno-Rave auf 100 Hochzeiten zu tanzen und sich dadurch phasenweise in Gefahr akuter musikalischer "Schizophrenie" zu begeben.

"Irgendwie gilt das heute noch immer. Heute möchte ich aber meine musikalische Identität nicht mehr nur auf eigener Musik aufbauen; ich denke, dass sie mittlerweile eher ein Konglomerat aus all dem ist, was ich tue. Ich weiß nicht, wo es mich hinführt, ich will da eher eine stressfreie Entwickelung zulassen. Ich komponiere Bestandsaufnahmen des Moments."

Das eigene Duo

In eigener Sache ist Gerald Preinfalk seit Jahren im Duo mit dem Akkordeonisten Klaus Paier unterwegs. Wie auch mit der eigenen Formation "Tan Go Go", in der klassische, jazzige und volksmusikalische Einflüsse zusammenlaufen. Preinfalk wäre nicht Preinfalk, hätte er sich nicht kürzlich doch wieder einmal gefragt, "wie weit das wirklich ich bin".

Natürlich schwebt auch ihm das seit den "Third Stream"-Zeiten der Fünfzigerjahre virulente Ideal kompositorischer Schlüssigkeit der Improvisation und der gleichzeitigen Vitalität der Komposition vor. Entgegen den in den letzten Jahren zu beobachtenden Wanderungen über die normalen Genregrenzen hinweg ortet er sowohl im Jazzer- als auch im Lager zeitgenössischer Musik mehr Orthodoxie als Offenheit:

"Als ich an der Jazzabteilung in Linzer Bruckner-Konservatorium unterrichtet habe und einmal das Thema Vierteltönigkeit angeschnitten habe, hieß es gleich: 'Das brauche ich nicht!'" Andererseits wäre das Interesse von Spezialensembles für Neue Musik an anderen Stil-Ufern eher leider ein enden wollendes.

Preinfalk über den Zugang seiner geschätzten Kollegen: "Die sind natürlich echte Weltmeister, wenn es um Moderne-Komponisten wie Beat Furrer, Georg Friedrich Haas oder Sciarrino geht. Bei allem, was über dieses etablierte Idiom zu weit hinausgeht, macht sich aber Unsicherheit breit." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.12.2005)