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Barroso zur EU-Skepsis der Österreich: "Vielleicht kann die EU-Präsidentschaft diese Tendenz ändern."

foto: apa/epa/hoslet
Brüssel - EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hat Unverständnis für die massive EU-Skepsis der Österreicher kurz vor Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft geäußert. "Ich bin natürlich enttäuscht, ich bedauere es und ich bin überrascht", kommentierte er entsprechende Umfragen am Mittwoch vor österreichischen Journalisten in Brüssel. "Wenn es ein Land gibt, das wirklich von der Erweiterung profitiert hat, ist das Österreich."

Größerer Einfluss

Österreich "profitiert extrem von der Erweiterung", sogar verhältnismäßig mehr als etwa Deutschland, sagte Barroso. Durch die neuen Mitgliedstaaten habe Österreich seien Handel und Auslandsinvestitionen angekurbelt, darüber hinaus habe die Erweiterung auch indirekte Vorteile für das Land gebracht, sagte der Kommissionspräsident.

"Rosinen picken"

Die Mitgliedschaft in der Union bedeute, dass man nicht einfach einzelne Regeln befolgen könne und andere nicht. "In der EU kann man nicht Rosinen picken", sagte Barroso. Die EU-Kommission wisse aber, dass es hier ein spezifisches Probleme gebe und versuche jetzt, in der Arbeitsgruppe mit Österreich pragmatisch an einer Lösung zu arbeiten.

Überrascht und enttäuscht zeigte sich Barroso über das Ergebnis der jüngsten Eurobarometer-Umfrage, die gezeigt hatte, dass die Österreicher im EU-Vergleich die negativste Einstellung zur Union haben. Barroso führte dies auf die Ängste der Bevölkerung in Zusammenhang mit der EU-Erweiterung zurück.

Als "wichtigstes Dossier" der EU der nächsten sechs Monate bezeichnete Barroso die überarbeitete Lissabon-Strategie der EU für wirtschaftliche und soziale Reformen, über die der nächste Frühjahrsgipfel im März Bilanz ziehen soll. "Ich erwarte mir ein Bekenntnis der Mitgliedstaaten, dass sie die Strukturreformen fortsetzen", sagte Barroso. "Das ist der erste Test für die Glaubwürdigkeit dieser verbesserten und verstärkten Lissabon-Strategie."

Warnung vor hohen Erwartungen

Barroso warnte vor hohen Erwartungen bezüglich der EU-Verfassung, die seit den negativen Referenden in Frankreich und den Niederlanden auf Eis liegt. "Wir können nicht erwarten, dass wir über die endgültige Lösung für dieses Problem im Juni entscheiden." Beim EU-Gipfel im Juni unter österreichischen Vorsitz könnten aber "hoffentlich die nächsten Schritte" und "ein Fahrplan für die Zukunft unserer Institutionen" vereinbart werden.

Zuvor müssten vor allem die Regierungen in Den Haag und Paris klar sagen, wie es aus ihrer Sicht weitergehen soll. "Lasst uns dafür etwas mehr Zeit geben", betonte Barroso. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) habe mit seinem Vorschlag eines europaweiten Referendums zur EU-Verfassung eine "interessante Idee" geliefert.

Zu der umstrittenen EU-Dienstleistungsrichtlinie werde die EU-Kommission nach der Abstimmung im Europaparlament einen überarbeiteten Vorschlag auf den Tisch legen, sagte Barroso. Es sei "besser, ein einwandfreies Gesetzeswerk" zu haben "als in Eile zu sein", kommentierte er die Haltung der Bundesregierung, die einen Abschluss des Dossiers unter österreichischem Vorsitz ausgeschlossen hat. Als Dienstleistungsexporteur würde Österreich stark von der Richtlinie profitieren, meinte der Kommissionschef. Die Dienstleistungsrichtlinie biete "ein großes Potenzial" für heimische Firmen. (APA)