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US-Handels-Delegierter Rob Portman

Foto: Reuters/PAUL YEUNG
Bei der Ministerkonferenz der auf 150 Staaten angewachsenen Welthandelsorganisation WTO in Hongkong - die bettelarme Pazifikmonarchie Tonga ist dem Globalisierungsklub beigetreten - wird weiter um den Abbau von Subventionen und Importschranken vor allem im Agrarbereich gepokert. Und wie bei jeder lokalen Pokerrunde gehört das unbewegte Gesicht und der gekonnte Bluff auch zum Spiel auf globaler Ebene.

Am Donnerstag, Tag drei der bis Sonntag anberaumten Konferenz, haben die USA nach heftigem Druck seitens der Entwicklungsländer völlig überraschend westafrikanischen Baumwollproduzenten Zollfreiheit bei Exporten in die USA in Aussicht gestellt.

Die Afrikaner hatten zwar lautstark einen Abbau der stark weltmarktverzerrenden US-Subventionen gefordert, dennoch: In einer ersten Reaktion der EU-Kommission wurde das US-Angebot als Schritt in die richtige Richtung gewertet, dem weitere auf dem Weg zu einem fairen Handel mit den ärmsten Staaten der Welt folgen müssten.

Entwicklungshilfepaket als Minimalkonsens

Als Minimalkonsens unter den zerstrittenen Handelsmächten wird ja in Hongkong um ein Entwicklungshilfepaket gefeilscht. Dabei dient der EU-Ansatz des zollfreien Imports von Produkten aus den ärmsten Entwicklungsländern als Verhandlungsgrundlage.

Der Haken am US-Vorschlag ist jedoch, dass dieser nur Sinn macht, wenn ihn auch Länder aufgreifen, die tatsächlich Baumwolle in größerem Umfang importieren - wie Indien, Brasilien und China. Die USA sind hingegen der größte Baumwollexporteur der Welt. Mit oder ohne Zollauflagen dürfte daher kaum je westafrikanische Baumwolle in nennenswertem Ausmaß in die USA gelangen.

Den von den betroffenen westafrikanischen Staaten Burkina Faso, Benin, Mali und Tschad geforderten Abbau der Subventionen für US-Baumwollhersteller lehnt Washington hingegen vehement ab. Die USA unterstützen ihre 25.000 Baumwollfarmer mit rund vier Milliarden US-Dollar (3,3 Mrd. Euro) im Jahr. Die WTO hat diese US-Subventionspraxis bereits als illegal verurteilt, an der Praxis änderte dies bisher nichts.

"Wir können das nicht als ein Angebot akzeptieren", sagte Benins WTO-Botschafter Samuel Amehou. "Es wird wieder ein Blankoscheck ausgestellt, aber ohne Geld auf der Bank", kritisierte Dipak Patel, Handelsminister von Sambia und Sprecher der Gruppe der 32 ärmsten WTO-Mitglieder.

Doch die unterschwellige Nachricht war verkündet und via Presseagenturen in alle Welt verteilt: Die USA bewegen sich, während die EU seit Tagen mauert. In der österreichischen Delegation in Hongkong war von einem "reinen PR-Gag" der Amerikaner die Rede. Schade sei nur, dass die EU-Kommission selbst nicht solche Attacken reite und immer nur reagiere, statt agiere, so die verbreitete Meinung.

Viele leere Worte

Selbst die Weltbank, in Hongkong vertreten von Vizepräsident Danny Leipziger, sagte am Donnerstag, dass bis jetzt über Entwicklungshilfe zwar viel geredet, aber wenig unternommen worden wäre. EU-Handelskommissar Peter Mandelson gestand ein, dass die "Glaubwürdigkeit der Konferenz in Gefahr" sei. Die EU werde kein neues Angebot unterbreiten, solange die USA und große Schwellenländer wie Indien, Brasilien und China nicht endlich eigene Vorschläge zur Reduzierung von Zöllen und anderen Handelsbarrieren vorlegen.

Auf die Frage, ob bis jetzt mehr gepokert oder ernsthaft verhandelt werde, antwortete Mandelson: "Es könnte nicht weniger verhandelt werden." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.12.2005)