Infografik: Fremdwährungskredite -Franken und Yen absichern

Grafik: Der Standard
Die Zinserhöhung im Euroraum hatten viele erwartet - schließlich hatte sie Jean-Claude Trichet, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), bereits angekündigt. Zum ersten Mal seit fünf Jahren hat die EZB die Zinsen im Dezember um 0,25 Prozent auf 2,25 Prozent erhöht, um die Inflation einzudämmen.

Auch für Richard Batley, European Economist der Fondsgesellschaft Schroders, war die Zinserhöhung keine Überraschung: "Die Entscheidung hatte Trichet schon am 18. November angekündigt, sie hat zu einer kleinen Euro-Rallye bei den kurzfristigen Zinsen geführt."

Trichet hätte auch mehrmals erklärt, dass dies nicht der Startschuss zu einer automatischen Zinserhöhungsrunde gewesen sei: "Aber er hat sich doch die Möglichkeit weiterer Anhebungen offen gelassen - daraufhin ist die Rendite des Deutschen Schatzbriefes um sechs Basispunkte gefallen. Wir glauben jedenfalls nicht, dass das nur ein einzelner Schuss ins Blaue gewesen ist."

Weitere Erhöhung

Die EZB, so Batley, dürfe nicht erwarten, dass die Inflation im nächsten Jahr unter die festgesetzte Obergrenze von zwei Prozent fällt: "So lange die Wachstumszahlen nach oben zeigen, wird die EZB wahrscheinlich eine Erhöhung der Zinsen weiterführen. Unsere Prognose bleibt bei einem Leitzinssatz, der im März 2006 bei drei Prozent liegen wird. Das aktuelle Niveau bei kurzläufigen Euro-Anleihen zeigt, dass eine zweite Anhebung um 25 Basispunkte eigentlich schon eingepreist ist - da ist noch Platz für eine dritte Zinserhöhung."

Am Beginn einer Zinserhöhungsrunde würden viele Marktteilnehmer deren Geschwindigkeit und Größe unterschätzen, erklärt Batley: "Das sieht jetzt auch bei den Eurozinsen so aus - offenbar brauchen viele Anleger mehr Zeit, um sich an die höheren Zinsen anzupassen. Vielleicht auch darum, weil sich viele schon an die lange Ruhepause - immerhin 29 Monate - bei den Zinsen gewöhnt hatten."

Auch der Wiener Finanzanalyst und Fondsmanager Gerhard Massenbauer erwartet weiter steigende Eurozinsen: "Ich gehe davon aus, dass die Zinsen des Euribor Ende 2006, die sich aktuell bei ungefähr 2,5 Prozent bewegen, bei 3,25 bis 3,5 Prozent liegen werden." Massenbauer, der schon länger vor den Gefahren steigender Zinsen vor allem für Fremdwährungskreditnehmer warnt, sieht auch Bewegung bei Yen- und Franken-Zinsen: "Die Zinsen beider Währungen werden ansteigen. Der Yen wird im Zinsniveau vermutlich erst gegen Jahresende 2006 folgen."

Währungen schützen

Massenbauer rät Fremdwährungskreditnehmern, ihre Verbindlichkeiten rasch zu schützen: "Eine Zinsfixierung oder Zinsabsicherung, für 50 Prozent des Kreditvolumens auf zehn Jahre abgeschlossen, wäre sehr sinnvoll."

Auch auf der Veranlagungsseite gibt es jetzt Handlungsbedarf - besonders bei Anleihen und Anleihenfonds, die allerdings schon im Vorfeld auf die Zinserhöhung reagiert haben: "Jene Rentenfonds, die in den Euroraum investieren, haben bereits im Vorfeld mit Kursrückgängen auf die anstehende Zinserhöhung der EZB reagiert. Zum Zeitpunkt der Zinserhöhung war dieser Umstand demnach in den Kursen eingepreist und so kam es zu keinen weiteren Verlusten", erläutert Epicon-Vorstand Michael Richter.

Gefahren für Anleger sieht Richter dennoch: "Volkswirte gehen davon aus, dass eine Zinserhöhung um 0,25 Prozent nicht ausreichend ist, um die für die EZB relevante Inflationsgefahr nachhaltig einzudämmen. Dies lässt, auch wenn es von Herrn Trichet bis dato ausgeschlossen wurde, erwarten, dass es im Jahr 2006 zu weiteren Zinsschritten kommen wird. Für den Anleger bedeutet dies, dass er bei Rentenfonds, die in Euro-Anleihen investieren, mit Kursverlusten zu rechnen hat." Investoren müssen daher jetzt aktiv werden: "Wir empfehlen einerseits, die Duration zu reduzieren: Das bedeutet, in Rentenfonds zu switchen, die sich auf Anleihen mit kürzeren Restlaufzeiten fokussieren, da diese in einem weitaus geringeren Ausmaß von den Zinserhöhungen betroffen sind als Anleihen mit längerer Duration. Andererseits setzen wir auf eine möglichst breite Streuung in den Rentenportfolios."

Sollte es zu weiteren Zinserhöhungen kommen, droht weitere Gefahr für Anleihen: "Je nach der Höhe des mit Anleihen verbundenen Zinsänderungsrisikos würde es dann zu weiteren Kursverlusten kommen", erläutert der Epicon-Vorstand.

Experten skeptisch

Politische Entscheidungsträger vertreten die Ansicht, dass die notwendigen Zinserhöhungen im Jahre 2006 drei Prozent nicht übersteigen werden. Weitere Zinserhöhungen im Euro könnten aber nach einer deutlichen Erholung der deutschen Wirtschaft folgen: Denn Deutschland stehe am Beginn eines Konjunkturaufschwungs, meint Europa-Chefvolkswirt der Bank of America, Holger Schmieding. Dies zeige das kräftige Wirtschaftswachstum im dritten Quartal, das weitere Erhöhungen rechtfertigen könnte.

Die EZB vertritt die Auffassung, dass die Zinserhöhung das Wachstum nicht so wesentlich beeinträchtigen wird, wie es viele voraussagen. Demgegenüber haben manche Experten dringend von einer Zinsanhebung abgeraten, da diese den zarten Konjunkturaufschwung im Euroraum gefährden könnte.

Insgesamt will die EZB dem Markt vermitteln, dass sie ihre vorsichtige Geldpolitik nach der Zinserhöhung fortführen wird, sodass sich die europäische Wirtschaft weiterhin erholen kann. Ein EZB-Sprecher erklärte, dass man langsam, aber stetig vorzugehen gedenkt. (Reinhard Kremer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.12.2005)