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Minister Martin Bartenstein übt sich in Hongkong in dem Zweck dienlichem Optimismus, Demonstranten üben heftige Kritik an der gesamten Veranstaltung.

Foto: Reuters/CLARO CORTES IV
"Es gibt positive Signale, Schritte nach vorn. Jetzt geht es ans Eingemachte", sagt Österreichs Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, einer von drei Vizevorsitzenden der sechsten WTO-Ministerkonferenz in Hongkong. Auch die deutsche Delegation ist vorsichtig optimistisch gestimmt: "Jetzt gibt es doch Anzeichen, dass Bewegung möglich ist, und wir müssen alles tun, dass Bewegung kommt", sagt der Staatssekretär im deutschen Wirtschaftsministerium, Bernd Pfaffenbach.

EU-Handelskommissar Peter Mandelson hat am Mittwoch, dem zweiten von sechs Gipfeltagen in Hongkong, die Bereitschaft bekräftigt, über das Auslaufen sämtlicher Exportsubventionen in der Landwirtschaft zu verhandeln.

"Bekräftigt" insofern, als sich die EU bereits 2001 am Beginn der jetzt laufenden "Doha-Entwicklungsrunde" dazu verpflichtet hat, nur bisher kein Zieldatum für ein Ende der marktverzerrenden Exportstützen genannt hat. Dieses Datum fordern Länder wie die USA und Brasilien in Hongkong erneut vehement ein, selbst haben sie 2010 offeriert.

USA unter Druck

Etwas Bewegung ist auch insofern in die bisher festgefahrenen Agrarverhandlungen gekommen, als "die EU mit ihrer Agrarposition nicht mehr allein im Eck steht", sagt Bartenstein. Die EU "ist zumindest in guter Gesellschaft mit den USA". Dies erhöht naturgemäß den Druck auf die USA zu Konzessionen in dem globalen Gefeilsche um Importzölle und viele andere Marktbarrieren.

Zwei Punkte sind hier zu nennen, die den USA zusetzen könnten: Die Vereinigten Staaten wollen trotz eines klaren WTO-Schiedsurteils bisher nicht von ihren Milliarden-Subventionen für US-Baumwollproduzenten abrücken. Afrikanische Staaten machen in dieser Frage mit EU-Unterstützung massiv Druck.

Am Widerstand von Entwicklungsländern ist auch die letzte Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation 2003 im mexikanischen Cancún gescheitert. Dazu kommt die Debatte um die Markt- und Handelsverzerrung durch die Praxis der US-Exportkredite, ihre Nahrungsmittellieferungen an Entwicklungsländer sowie - zentral - die US-Zugeständnisse innerhalb des für Hongkong angestrebten Entwicklungshilfepaketes.

Die USA haben zwar zugesagt, ähnlich wie die EU ihre handelsbezogene Entwicklungshilfe ("Aid for Trade") auf 2,7 Milliarden US-Dollar deutlich aufzustocken, wollen aber offenbar gleichzeitig - ähnlich wie Japan - die EU-Initiative "Everything but Arms" nur teilweise umsetzen.

"Alles außer Waffen"

Die EU hat für die 49 ärmsten Staaten der Erde den zoll- und quotenfreien Marktzugang für alle Waren außer Waffen umgesetzt und sich nur für Zucker, Reis und Bananen eine Übergangsfrist bis 2009 ausbedungen. In diesen Staaten liegt das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf unter 1000 Dollar.

Die USA wollen aber ganze Länder oder Produkte dauerhaft von der Initiative ausschließen, weil sie etwa im Fall von Bangladesch die hochkompetitive Bekleidungsindustrie des asiatischen Landes fürchten. Japan will sich wiederum dauerhaft vom Wettbewerb bei Reis, Fisch und Leder abschotten.

Die Verhandlungen wurden auch am Mittwoch von Protesten begleitet, die aber nach Ansicht von Minister Bartenstein bei Weitem nicht das Potenzial haben, den Abbruch der Konferenz wie in Seattle 1999 zu erzwingen. Er ist "vorsichtig optimistisch, dass es in Hongkong ein Ergebnis geben wird, ein Ergebnis geben soll oder auch muss".

Das derzeit wahrscheinlichste Ergebnis der Konferenz ist nach Meinung der meisten Beobachter nach wie vor ein bloßes Festschreiben der weiteren Verhandlungsprozedur im ersten Halbjahr 2006 - unter Österreichs EU-Vorsitz. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.12.2005)