Maria Brunner: "Meine Lieblinge" (Gouache auf Papier, 2002, Ausschnitt)

Foto: BAWAG Foundation / Courtesy Galerie Gisela Capitain, Köln / Copyright: Bernhard Schaub

Béatrice Cussol: "Aquarelle et stylo bille" (Aquarell, 2000)

Foto: Wolfgang Woessner/BAWAG FOUNDATION
Kurator Axel Huber verweigert ein eindeutiges Thema und vermag dennoch Spannung zwischen den Arbeiten zu erzeugen.


Wien – In New York, Brüssel, irgendwo in Deutschland und Kolumbien regnete es Blue Jeans von Einkaufszentren und Hochhausdächern. Im Big Apple wurde in Windeseile die komplette Jeansware in einen Kleinbus geladen, weg war sie. Auch in Deutschland gab es ein Geriss um die Unisex-Modelle mit Gummizug und Känguruhtasche. Die Belgier hingegen ignorierten den Hosenregen vollkommen.

Kein gescheiterter Versuch, ein Jeanslabel zu etablieren, sondern ein Experiment des Kaliforniers Mike Bouchet. Sein Versuch, selbstgebraute Cola nach China zu schippern, um sie dort als Give-away unter die Leute zu bringen, scheiterte. Das Land auf dem Weg zur führenden Wirtschaftsmacht verweigerte die Einfuhr der ölfarbenen Gratiskunst, die Bouchet auch als Malmittel verwendet. In Cola statt Öl beispielsweise die untergehende Titanic.

Bouchet ist einer von acht in Österreich noch wenig bekannten Künstlern, die Kurator Axel Huber für die Ausstellung Strich Zeichnung Bild in die Bawag Foundation eingeladen hat. Acht Positionen, die auf den ersten und auch auf den zweiten Blick unähnlich sind – und bleiben. Der jüngste Künstler, Lucas Ajemian, ist dreißig, der älteste, André Thomkins, 1930 geboren und bereits zwanzig Jahre tot. Auch geografisch, inhaltlich oder etwa medial hat die Zusammenstellung, die ursprünglich als Zeichnungsausstellung konzipiert war, keinen gemeinsamen Nenner.

Er wolle Künstler zeigen, deren Schaffen sich durch ihre Verweigerung gegenüber Trends und Moden auszeichnet, erklärt Huber, lange Jahre künstlerischer Leiter der Villa Arson in Nizza. Jenseits von Moden siedeln sich auch die Arbeiten der Französin Béatrice Cussol an: In Aquarell entwirft sie einen ins Fantastische driftenden Kosmos malträtierter und unzähligen Metamorphosen unterworfener Frauenkörper. Defäkierende oder Blut pinkelnde Schmerzensfrauen, die in sich zusammensacken oder ihren zum High Heel mutierten Fetischfuß zum Pudelmord erheben.

Albtraumhaft auch die Szenarien, die die in Berlin lebende Österreicherin Maria Brunner entwirft. "Ihr werdet alle sterben", mahnt ein gnomiges Kindwesen mit erhobenem Zeigefinger neben einem Gestrüpp aus Ringel- und Glockenblumen. Ingredienzen aus Pflanzen- und Tierreich speisen auch die übrigen ihrer riesigen, collagenhaften Gouachen.

Florales und Tierisches überwuchert ebenso die tätowierten Körper in Trixi Groiss' Serie "100 nackte Männer". Darunter ein bebrillter Langweiler mit dem bengalischen, eine nackte Frau mordenden Tiger auf der schmächtigen Brust.

Wie Heimo Zobernig, der ein Transparent mit den sich überlagernden und daher fast unlesbaren Wörtern "Blickfang – Eyecatcher" beisteuerte, verweigert sich Kurator Huber einer unmittelbaren Lesbarkeit seiner Ausstellung. Der Betrachter muss die Bezüge zwischen den Arbeiten selber ertasten. Eventuell verwendet er dazu die von Olaf Metzel in die Galeriewand gestanzten Löcher. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.12.2005)