Salzburg - Mit der Unterzeichnung des Vergleichsabschlusses wurde am Dienstag Österreichs größtes Zivilverfahren, der WEB-Prozess gegen die Salzburger Sparkasse AG, am Landesgericht Salzburg offiziell beendet. Der Vertrag zwischen den Klägervertretern und der Erste-Tochter sieht vor, dass die Salzburger Sparkasse den 3.246 Klägern 19,1 Mio. Euro und 600.000 Euro Verfahrenskosten zahlt.

Vorsitzende Ursula Meßner verlas zunächst die Bedingungen des Vergleichs, der unter anderem beinhaltet, dass 90 Prozent der Kläger dem Vergleich zustimmen müssen. Außerdem verpflichten sich die Klägeranwälte, dass sie keine neuen Klagen gegen die Salzburger Sparkasse einbringen oder in irgendeiner Form übernehmen. Ein Widerruf des Vergleichs seitens der Kläger ist nur bis 24.2.2006 möglich. Anschließend unterzeichneten Sparkassen-Generaldirektor Gernot Mittendorfer und Klägervertreter Werner Steinacher den Vergleichsvertrag.

"Positives Echo"

Die Kläger dürften ihr Geld Ende Jänner erhalten, sagten Steinacher und Mittendorfer bei Pressekonferenzen. Insgesamt sei das bisherige Echo der Mandanten "ausschließlich positiv", so Anwalt Guido Lepeska. Allein die 2.500 VKI-Klienten hätten schon zugestimmt - also rund 65 Prozent. "Wir rechnen aber mit einer Quote zwischen 98 bis 99 Prozent", fügte Steinacher hinzu. Die Geldbeträge, die die Geschädigten erhalten, belaufen sich zwischen 10 Euro und über 100.000 Euro, so Steinacher.

Es sei sehr viel Geld für die WEB-Geschädigten erstritten worden, aber das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen Klägern und Beklagten habe in diesem Prozess zu stark durchgeschlagen, erklärten die Klägeranwälte am Vormittag bei einem Pressegespräch. Ausschlaggebend für den Vergleich seien vor allem eine Prozessdauer bis 2012 und Kosten bis zwölf Mio. Euro gewesen, so die Anwälte. Ähnlich argumentierten auch Mittendorfer und Sektionschef Arnulf Michael Komposch vom Ministerium für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz. Alle am Verfahren Beteiligten bezeichneten den Vergleich als guten und tragbaren Kompromiss.

Forderung nach Änderung der Zivilprozessordnung

Nach den Erfahrungen in diesem bisher größten Zivilprozess Österreichs stehe die Entwicklung eines geordneten Sammelklagen-Rechts zu finanzierbaren Kosten auf der rechtspolitischen Tagesordnung, meinten die Anlegervertreter sowie Komposch. Bei Sammelklagen mit einer Vielzahl Geschädigter wären insbesondere kostengünstigere Musterprozesse, die geführt werden könnten, ohne dass andere Geschädigte Gefahr laufen müssten, dass in einem langen Rechtsstreit ihre Ansprüche zwischenzeitlich verjähren, in einer Reform der Zivilprozessordnung zu verankern, stellte Anlegevertreter Rudolf Tobler fest. "Massenverfahren bevorzugen den finanziell Stärkeren. Eine Änderung bei den Sammelklagen ist notwendig. Es besteht großer Reformbedarf bei der Zivilprozessordnung", so Komposch.

Da es sich im Fall WEB um einen so genannten Massenschaden handelt - mehrere Kunden unterschiedlicher Rechtsschutzversicherer waren unabhängig voneinander, aber auf Grund desselben Sachverhalts geschädigt - haben die Rechtsschutzversicherer ihre Aktivitäten gebündelt. "Die verschiedenen WEB-Verfahren haben somit deutlich gemacht, dass Kunden einer Rechtsschutzversicherung kompetente Vertretung bekommen und sich über den notwendigen finanziellen Aufwand keine Sorgen machen müssen", hieß es in einer Aussendung des Verbandes der Versicherungsunternehmen Österreichs.

Nach Strafverfahren nun auch Zivilprozess beendet

Die Salzburger Arbeiterkammer erstattete im Juni 1989 Anzeige gegen Mitarbeiter und Verantwortliche des Bautreuhand-WEB-IMMAG-Imperiums beim Landesgericht Salzburg. Drei Straf-, kleinere Zivilverfahren und Österreichs größter Zivilprozess waren die Folge.

Im Frühjahr 2004 wurden gegen die Salzburger Sparkasse - gestützt auf die Verurteilung dreier Sparkassen-Mitarbeiter - von rund 3.340 durch die WEB geschädigte Anleger Zivilklagen eingebracht. Am 22. November 2004 war erster Verhandlungstag, mit dem heute geschlossenen Vergleich endet dieser Zivilprozess nun. (APA)