Wien - Der Wiener Gemeinderat wird am Dienstagabend nach zweitägiger Debatte das Budget der Bundeshauptstadt für das Jahr 2006 beschließen. Neu ist, dass der Haushalt erstmals unter den Gesichtspunkten des "Gender Budgeting" erstellt wurde, was bedeutet, dass die Aufteilung der Gelder nach Geschlechterkriterien analysiert wurde.

Im Voranschlag für 2006 ist diesem Thema erstmals ein eigenes Kapitel gewidmet. Die Idee dahinter: Weil jeder Budgetverantwortliche ganz automatisch prüfen muss, ob eine Leistung eher Männern oder Frauen zu Gute kommt, kann leichter gegen Benachteiligungen vorgegangen werden. Zusätzliche Kosten sollen dadurch aber nicht entstehen, erklärte Frauenstadträtin Sonja Wehsely (S) am Montagabend vor JournalistInnen.

Praktische Umsetzung

Was beim Stadtbudget noch eher Theorie bleibt, zeigt beim Meidlinger Bezirksbudget schon konkrete Auswirkungen. Bei diesem "komplett durchgegenderten Bezirksbudget", das am 16. Dezember beschlossen wird, wurden Benachteiligungen analysiert und Umverteilungsmaßnahmen ergriffen.

Weil etwa die örtliche Musikschule zu 59 Prozent von Mädchen besucht wird, wird nun nicht ein von Buben bevorzugtes Schlagzeug, sondern eine Harfe angeschafft. Bei der Friedhofsinstandhaltung wird verstärkt auf die Bedürfnisse älterer Frauen Rücksicht genommen. Bei einer Meidlinger Gesamtschule wiederum wird nicht nur ein Platz fürs Fußballspielen geschaffen, sondern auch Raum für die Bedürfnisse der Mädchen gelassen.

Typische Abwehrmechanismen

Zu Beginn sei man bei den Budgetverantwortlichen nach dem Motto "Habt's ihr keine anderen Sorgen?" noch auf Widerstand gestoßen, so Wehsely. Durch die Beschäftigung mit der Materie sei aber auch die Zustimmung gestiegen. Dabei sei auch sichtbar geworden, dass Wien durch seine lange Tradition der Frauenförderung in Sachen geschlechtergerechter Budgetpolitik besser liege als erwartet.

Wehselys Frauen- und Integrationsressort ist am Dienstag auch Thema einer Spezialdebatte im Gemeinderat, ebenso wie die Bereiche Wohnbau, Planung und Verkehr sowie Gesundheit und Soziales. Die Kultur war bereits am Montag an der Reihe. Ressortchef Andreas Mailath-Pokorny (S) verwies auf ein Budgetplus von 0,44 Prozent auf 195,5 Millionen Euro für Kultur und Wissenschaft. Die Grünen kritisierten, dass dies de facto nur eine Fortschreibung bedeute und das Mozartjahr auf Kosten der Kulturschaffenden stattfinde.

Grüne Wien: Gender Budgeting ein erster Schritt

Als einen "längst überfälligen ersten Schritt für ein gendergerechtes Budget der Stadt Wien" bezeichnet die Stadträtin der Wiener Grünen, Monika Vana, die erstmalige Implementierung von Gender Budgeting im Budget-Voranschlag 2006. "Die Wiener Grünen haben wiederholt Anträge zur Implementierung von Gender Budgeting im Wiener Budget gestellt. Es freut uns, dass diese Idee, die ja auch in einigen Städten bereits in unterschiedlichem Ausmaß umgesetzt wird, nun auch im Wiener Budget Eingang findet." (APA)