Montage: derStandard.at
Die Nachricht kam recht unaufgeregt daher, wie die Vollzugsmeldung einer längst notwendigen Transaktion: Das US-Studio Paramount hat das "unabhängige" - sprich: abseits der Großstudios agierende - Unternehmen DreamWorks SKG aufgekauft, für 1,6 Milliarden Dollar. 59 DreamWorks-Titel, darunter oscarprämierte Filme wie American Beauty oder Gladiator, gehen in die Paramount-Verleibibliothek über. Paramount-Chef Brad Grey sieht sich nun einen Schritt näher zum angestrebten Ziel, "die führende Rolle bei gefilmter Unterhaltung" wiederzuerlangen.

Regisseur Steven Spielberg und die Produzenten David Geffen und Jeffrey Katzenberg, die DreamWorks vor elf Jahren gründeten, sind also gescheitert, und sie sind "gefressen" worden: am Ende eines insgesamt katastrophalen US-Kinojahres, in dem nur die großen Unterhaltungskonzerne mit mäßigen Gewinnen überleben konnten. Schon im Herbst hatten die Produzenten-Brüder Harvey und Bob Weinstein klein beigegeben und ihre ambitionierte Firma Miramax an Disney verkaufen müssen.

Man darf vom Ende einer Ära sprechen, einem Kollaps, vergleichbar mit jenem von Orion Pictures, den Machern von Welthits wie Der mit dem Wolf tanzt oder Das Schweigen der Lämmer, die - ähnlich wie zuletzt DreamWorks oder Miramax - eines versucht hatten: in kleinerem Rahmen und mit geschickten Koproduktionsverträgen wenn schon nicht den Großstudios den Rang abzulaufen, so doch gehobene Qualität zu erzeugen.

Schon damals sprach man da etwas pathetisch vom Niedergang der "Independents", aber schon damals hieß "Unabhängigkeit" im Prinzip nichts anderes als erhöhte Kreativität unter überschaubareren Bedingungen und letztlich denselben Regeln, die für alle gelten: Das Geld, das man für Filme jeweils ausgegeben hat, sollte möglichst oft vier- oder fünffach eingespielt werden, sonst überlebt man den nächsten Flop möglicherweise nicht mehr. 2005 wird in die Kinogeschichte als das Jahr eingehen, in dem sich die Flops häuften (DreamWorks setzte etwa den Mega- SciFi-Thriller Die Insel in den Sand) und gleichzeitig evident wurde: Keiner hat wirklich ein Rezept dafür, wie man in Hinkunft die Kosten mit nötiger Effizienz senken soll.

Immer noch wachsen die Gagen der Superstars, steigen die Marketingkosten, werden die Aufwände im Bereich der Digitaleffekte nicht wirklich billiger. Gleichzeitig drohen weitere Einbrüche bei den DVD- und TV-Verwertungen. Überleben kann derzeit nur, wer noch über einen Polster verfügt, um die mageren Zeiten durchzustehen und, soweit absehbar, neue Konzepte zu entwickeln. Vorläufig scheint die Logik, möglichst aufwändige Filme möglichst schnell mit möglichst vielen Kopien zu "pushen", an ihre Grenzen geraten.

Man muss nur die jüngsten Wochenend-Ergebnisse an den US-Kassen lesen, um das volle Ausmaß des Debakels zu erfassen. Narnia auf Platz 1 spielte - bei Kosten von über 150 Millionen Dollar, "nur" 67 Millionen ein, muss aber das mindestens Dreifache seines Budgets einspielen, um überhaupt in die Gewinnzone zu kommen. Am Mittwoch startet aber der Allesfresser King Kong. Und schon ab Platz 6 spielen die in weiterer Folge Gereihten kaum mehr als zwei Millionen Dollar ein.

DreamWorks, von dem nur das Animationsdepartment "unabhängig" bleibt, ist letztlich wie vorher schon Miramax daran gescheitert, dass es dieses Spiel bis an den Rand der Selbstüberschätzung mitgespielt hat. In Hollywood bedeutet das: Wirklich Erstaunliches wird in den nächsten Monaten nur mit ganz großem oder ganz wenig Aufwand zu produzieren sein. Totalausfall im Mittelfeld, also letztlich auch teilweiser Verlust wichtiger Talentepools.

Was dies für Charakterdarsteller, Drehbuchautoren und Regisseure bedeutet, die abseits der ausgetretenen Pfade agieren, ist noch nicht abzuschätzen. Schon jetzt wird das Gros der gewagteren Filme für und von TV-Stationen wie HBO produziert, die zur Not das Kino als Anspielstation schlicht ignorieren. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.12.2005)