"Die Folgen der Tsunami-Katastrophe könnten durch ein Frühwarnsystem stark gemindert werden. Doch lokale Regierungen und andere Organisationen sind für Katastrophenschutz und -management sowohl unzureichend ausgerüstet als auch ausgebildet", urteilt der Geoinformatiker Shahnawaz. Der aus Indien stammende Mitarbeiter am Zentrum für Geoinformatik an der Universität Salzburg meint: Wären die Menschen vor Ort ausreichend in der Analyse von Geoinformationen und Geodäsie geschult gewesen, hätten sie Zeit gehabt, mittels Computeranalysen verschiedene Szenarien zu simulieren, um so die wichtigsten Risikozonen zu identifizieren.

"Es gibt heute eigentlich keinen Bereich mehr, wo Geoinformationen keine Rolle spielen", sagt Josef Strobl, Geoinformatiker an der Universität Salzburg. "Sie dienen beispielsweise dazu, Gebiete in Risiko-Gefährdungsbereiche einzuteilen. Durch Satellitenbeobachtung können wir potenzielle Gefahren erkennen. Wir können dann zum Beispiel Empfehlungen aussprechen, wo Siedlungen besser nicht angelegt werden sollten."

Shahnawaz beklagt "Ignoranz, Fahrlässigkeit und einen Mangel an technischen und naturwissenschaftlichen Fähigkeiten" in den betroffenen Ländern. "Die Ergebnisse der Simulationen am Computer hätten zu Evakuierungsplänen geführt, die tausenden von Menschen das Leben hätten retten können. Die verantwortlichen Organisationen besitzen jedoch nicht genügend Ausbildungsmöglichkeiten auf den neuen Gebieten von Naturwissenschaft und Technologie, um ihre Experten zu befähigen, effektiv und effizient auf eine derartige Naturkatastrophe zu reagieren."

Simulationen möglich

Mittels neu entwickelter Software kann am Rechner dargestellt werden, wie ein Tsunami entsteht, wie sich die Welle fortbewegt und wo sie aufs Land trifft. Verschiedene Zerstörungspotenziale können so simuliert und die Fähigkeit für treffsichere Vorhersagen verbessert werden.

Das Zentrum für Geoinformatik an der Salzburger Universität will seine Kenntnisse deswegen zukünftig in einem Kooperationsprojekt zusammen mit dem Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit an der Universität der Vereinten Nationen in Bonn sowie zwei Universitäten in Indien und Thailand vermitteln. Ziel ist es, die Ausbilder und lokalen Experten in den von Tsunamis betroffenen Gebieten aus- und weiterzubilden und ein interaktives Geoinformationsportal zu dem Thema zu entwickeln. "Unsere Trainingsinitiative ist nicht nur für eine kurze Zeit gedacht, sondern soll zusammen mit den Instituten in Asien ständig angeboten werden", so Shahnawaz. (jokl/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12. 12. 2005)