Catherine Day ist die erste weibliche Generalsekretärin in der Geschichte der EU-Kommission.
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Der Brüsseler Gipfel Mitte Dezember wird ihr erster großer Auftritt sein. Seite an Seite mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wird die neue Generalsekretärin Catherine Day die Großen der Europa-Politik begrüßen und bei allen wichtigen Verhandlungen mit dabei sein.

Ihre Ernennung vor wenigen Wochen kam für alle überraschend, nicht zuletzt für die Frauen in der EU-Kommission. "Ich habe extrem viele E-Mails und Glückwünsche von Frauen bekommen", erzählt die 51-jährige Irin, "und weiß, dass die Erwartungen an mich sehr hoch sind." Kein Wunder: Catherine Day ist die erste weibliche Generalsekretärin in der fast 50-jährigen Geschichte der Brüsseler EU-Kommission. Zum allerersten Mal führt eine Frau die 30.000 MitarbeiterInnen zählende Behörde, koordiniert 40 Abteilungen und setzt um, was die KommissarInnen vorgeben.

"Leistung und Signal"

Ein Zufall ist das nicht: "Catherine Day hat den Posten aufgrund ihrer Leistung bekommen", sagt Kommissionspräsident Barroso, "aber es ist auch ein Signal, dass wir die Gleichstellung von Frau und Mann ernst nehmen." Zeit wäre es ja. Denn jahrzehntelang hat sich die Brüsseler EU-Kommission eher damit hervorgetan, von anderen die Gleichstellung einzufordern, als sie in den eigenen Reihen umzusetzen. Gestützt auf den EU-Grundsatz, dass Frauen der gleiche Lohn zusteht wie Männern, haben eifrige EU-BeamtInnen einen Gesetzesvorschlag nach dem anderen vorgelegt: von der Weiterbildung über die Bezahlung bis hin zum Elternurlaub.

Nur im eigenen Hause fielen die Ergebnisse mager aus. Nicht einmal ein Drittel der Akademikerstellen ist mit Frauen besetzt, bei den Direktorenposten sind es 39 von 219 Stellen und bei den GeneraldirektorInnen zwei von 34. Selbst im Vergleich mit anderen internationalen Organisationen wie der UNO, der Weltbank oder der WHO sind diese Zahlen enttäuschend gering. Nicht dass eifrige EU-KommissarInnen oder VerwaltungschefInnen es nicht versucht hätten, die Frauen in den eigenen Reihen zu pushen. Seit zehn Jahren schon gibt es Zielvorgaben, die vorschreiben, wie viele Frauen eingestellt oder befördert werden sollten. Umgesetzt wurden sie aber nur zum Teil, weil sie von vielen Abteilungen schlichtweg ignoriert wurden. "Wenn es konkret darum ging, eine Frau einzustellen oder zu befördern, hat sich immer wieder gezeigt, wie stark die Machokultur in der EU-Kommission verankert ist", kritisiert Olga Profili, Vorsitzende der Personalvertretung.

Frauenförderung ernst genommen

Mit dem neuen Verwaltungskommissar Siim Kallas könnte das aber anders werden. Denn der Saubermann aus Estland ist der erste EU-Kommissar, der die Gleichstellungspolitik auch ernst nimmt. Auf seine Anweisung hin wurden die schwarzen Schafe in der Behörde zum ersten Mal vorgeführt. Jahresberichte mit den Einstellungen pro Abteilung hat es zwar schon zuvor gegeben. Doch statt die Zahlen in einer Tabelle im Anhang zu verstecken, wurden sie in diesem Jahr prominent genannt - und das mit Erfolg.

Auf einmal haben es viele Abteilungen eilig, Frauen einzustellen oder zu befördern, um im Ranking nicht auf den hinteren Rängen zu bleiben. Ob viele Frauen so weit kommen wie Catherine Day, ist damit aber noch nicht gesagt.

Die "toughe" Volkswirtin, die den Ruf hat, selbst um Mitternacht noch E-Mails an die MitarbeiterInnen zu schreiben, hat ein beachtliches Wegstück Karriere hinter sich gebracht. Mit 25 fing sie in Brüssel an, danach ging es nur nach oben: Catherine Day arbeitete in drei Kabinetten von Kommissaren, wurde Direktorin für Außenbeziehungen, dann Vize-Generaldirektorin und zuletzt Generaldirektorin der Umweltabteilung. (Marlene Holzner, DER STANDARD, Print, 10./11.12.2005)