Foto: Verlag Mandelbaum

Lang ließen uns die Fuchs und die Harrer (die vorangestellten Artikel sind unumgänglich) auf ihr zweites kulinarisches Werk warten. Nun ist es erschienen, heißt "Besoffene Kapuziner" und kommt würdig daher im roterübenroten Linnen, mit güldner Schrift auf dem Deckel und zierlichen Zeichnungen innen drin.

Eine objektive Buchbesprechung ist von mir nicht zu erwarten, da ich der Fuchs und der Harrer viel verdanke. Nach der Lektüre ihres Erstlings "Als die Oma im Keller Quargel aß" sagte ich mir: "Was die zwei Weiber tun, darf ich auch! Seither begleiten mein tägliches Werken in der Küche allerhand Schlucke Winzersekt vom Bründlmayr und machen jeglichem Stress den Garaus.

Das neue kulinarische Fuchs-Harrer-Werk befreit mich nun zudem von Schuldgefühlen, meinen Butterverbrauch betreffend. Die belesenen Damen belegen wissenschaftlich korrekt, dass ". . . das Herzinfarktrisiko mit der verzehrten Margarinemenge steigt, während es bei Butterkonsum sinkt". Solches zu lesen macht das Leben duftiger und flaumiger. "Zur kulinarischen Verbesserung Mitteleuropas" sollen die im Buch versammelten Rezepturen beitragen, und sie sind - sagen wir mal - abwechslungsreich. Auf die Stierhoden folgt der Serviettenknödel, dem die Lammkeule mit Zitronenkruste und dieser der Wildschweinschädel. Die Fuchs und die Harrer gehen nämlich didaktisch klug vor, um "enge" mitteleuropäische Gaumen zu kulinarischer Erweiterung zu animieren.

Heimatliches und Fremdes, Altbekanntes und Ungewöhnliches überzuckern sie mit Weltanschauung, spicken sie mit Wissen und rühren als Draufgabe Schnurren aus ihren Familien-Clans unter. An mir nagt allerdings der Verdacht, dass es sich bei den freudig kochenden und fressenden Familienmitgliedern (tot wie lebend) um literarische Figuren handelt. Der Verdacht rührt daher, dass die Fuchs-Tochter laut Buch "Leopoldine" heißt, und so schrullig, einem unschuldigen Kind diesen Namen anzutun, kann der Harrer ihre Fuchs ja nicht sein! Und ist die Leopoldine erfunden, sind die herzerwärmenden Verwandten wohl auch erfunden. Sag ich mir jedenfalls zum Trost, damit mich nicht, eingedenk der eigenen Sippe, der dottergelbe Neid frisst. Wie dem auch immer sein mag, die Animation gelingt der Fuchs und der Harrer. Sogar so eine Zezn wie ich, der Sauschädel, ob wild oder häuslich, immer ein Graus waren, denkt beim Lesen des "Sulz vom Wildschweinschädel": Das könnte ich einmal versuchen!

Solch Sinneswandel bewirkt einzig und allein die sprachliche Qualität des Fuchs-Harrer-Werkes. Und da erhebt sich die Frage: Wer schreibt so witzig, so gescheit, so pointiert? Die Fuchs? Die Harrer? Beide? Oder schreibt die Harrer und die Fuchs motzt lektorierend? Oder umgekehrt? Ich könnte ja beim Vorwortverfasser Claus Philipp nachfragen. Aber was Autoren nicht freiwillig kundtun, soll man nicht hinterfotzig recherchieren, also belassen wir es bei dem Hinweis, den sie uns im Kapitel "Südsteirische Deliberationen" geben, nämlich, dass sie "arbeitsteilig" zu Werke gehen, und winden wir sowohl der Fuchs wie der Harrer einen zierlichen Lorbeerkranz, mit Knofel verziert für ihre Verdienste um Mitteleuropa.

Ich, für mein Teil, bin ja mehr ein Fuchs-Fan. Gestern am Abend, als ich einsam mit meinem Bründlmayr in der Küche zugange war, bekam ich richtig Sehnsucht nach der Frau! Eine wie die hätte ich gern bei mir in der Küche. Dass ich mich nicht nach der Harrer sehnte, liegt daran, dass ich vor ihr zu viel Respekt habe, einer derart welterfahrenen Frau fühle ich mich nicht mal in der Küche gewachsen. Obwohl es sein könnte, dass die Fuchs noch wesentlich welterfahrener als die Harrer ist. Aber als Leser hat man schließlich ein Recht darauf, sich ein falsches Bild von Autorinnen zu machen.

Alles in allem sind die "Besoffenen Kapuziner" ein echtes Hausbuch, ein Allzweckwerk. Ein Kochbuch, ein Sachbuch, ein Geschichtenbuch, ein Nachdenkbuch, ein Schmunzelbuch und - ganz, ganz wichtig! - ein Buch über eine wunderbare Weiberfreundschaft. (DER STANDARD, rondo/9/12/2005)