Es sei wohl klar, wer in der rot-grünen Koalition Koch (also Chef) und wer Kellner (also Befehlsempfänger) sei, hat der deutsche Altkanzler Schröder einmal mit Blick auf seinen grünen Außenminister Fischer gesagt. Noch keine drei Wochen im Amt - und schon muss der neue Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erkennen, dass dieses Bonmot weiterhin gilt. Allerdings ist jetzt er der Kellner und Merkel die Köchin.

Sie hat Steinmeier angewiesen, den Bundestag aufzuklären, wer von ihrer "Vorgängerregierung" (will heißen: ich habe damit nichts zu tun, ich war ja Opposition) von der Verschleppung und Folterung des Deutschen Khaled al-Masri gewusst habe. Das könnte nicht nur für Steinmeier, der unter Schröder Geheimdienstkoordinator war, möglicherweise peinlich werden, sondern auch für andere Kabinettsmitglieder. Wer weiß, was Medien oder Opposition noch alles ausgraben.

Zu erfahren, dass die rot-grüne "Friedensregierung" zwar den Irakkrieg als verabscheuungswürdig ablehnte, aber als schweigsame Mitwisserin die Verschleppung und Folterung eines Deutschen duldete, würde dem Volk ziemlich missfallen. Schon jetzt ist das Herumgedruckse der Regierungssprecher in der Causa (wir müssen erst prüfen) nur schwer erträglich und erinnert an eine andere Angelegenheit, in die Fischer und Ex-Innenminister Schily (SPD) involviert waren: die Visa-Affäre.

Doch auch Angela Merkel kann sich bei der Gestaltung ihrer Beziehungen zu den USA nicht einfach abputzen. Der Fall al- Masri ist ja nur eine Facette des brisanten Themas aus der Abteilung "Folter und Geheimgefängnisse". Die dürren und nichts sagenden Worte von Außenministerin Condoleezza Rice im Berliner Kanzleramt waren unbefriedigend. Merkel darf sich damit nicht zufrieden geben und muss diese Fragen bei ihrem Besuch in Washington im Jänner wieder ansprechen - auch wenn sie das Verhältnis zu den USA verbessern will. (DER STANDARD, Printausgabe, 7./8.12.2003)