Der Spielraum, den Tony Blair in Sachen EU-Budgetstreit hat, lässt sich in Millimetern vermessen: Auf der Insel sitzen ihm Presse, Bürger und sein Schatzkanzler Gordon Brown im Nacken. Auf dem Kontinent warten Jacques Chirac und neuerdings auch die neuen EU-Länder - von den Briten noch bis vor Kurzem politisch gehätschelt - in Verteidigungsposition. Blair ist ziemlich in der Bredouille. Und angesichts dieser Konstellation verwundert es nicht, dass seine diplomatischen Ausfallschritte bisher von bescheidener Eleganz waren.

Sein am Montag lancierter Kompromissvorschlag zur EU-Finanzvorschau ist dem Finanzvolumen nach - 870 bzw. nun 850 Mrd. Euro für die Periode zwischen 2007 und 2013 - Daumen mal Pi jener, den bereits die Luxemburger im Juni vorgelegt haben. Blair lehnte damals ab. Und nun legt er, der durch den EU- Vorsitz eigentlich viel mehr Möglichkeiten haben müsste, einen Vorschlag nach seinem Willen zu beeinflussen, ein ähnliches Paket noch einmal vor - wohl wissend, dass es nur sehr schwer mehrheitsfähig sein dürfte. Polens Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz etwa hat bereits davon gesprochen, dass man in der Sache ja noch Zeit habe. Im Klartext heißt das: Warschau will seine 60 Milliarden an Förderungen, sonst wird es keine Zustimmung beim Gipfel in der kommenden Woche geben.

Das wirft natürlich auch Schatten auf den österreichischen EU-Vorsitz. Wenn die Briten selbst jetzt nichts zusammenbringen, warum sollten sie dann eher einem in Wien geschmiedeten Kompromiss zustimmen? Wolfgang Schüssel hat nach dem Türkei-Gipfel vor zwei Monaten stolz erklärt, Österreich habe den Briten klargemacht, dass es keine "finanziellen Sonderbehandlungen" mehr geben könne. Bloß, das scheint sich offenbar nicht bis in die Downing Street durchgesprochen zu haben. (DER STANDARD, Printausgabe, 6.12.2005)