Brüssel - Die EU-Verkehrsminister haben sich am Montag auf die Öffnung des grenzüberschreitenden Personen-Schienenverkehrs in der EU ab 2010 geeinigt. "Das ist eine Aufwertung der Schiene europaweit", begrüßte Verkehrsminister Hubert Gorbach (BZÖ) am Montag in Brüssel die Einigung auf das so genannte dritte EU-Eisenbahnpaket. Damit die Regelung in Kraft treten kann, muss noch das Europaparlament zustimmen. Eine endgültige Einigung wird nicht vor Ende 2006 oder 2007 erwartet.

Nach dem Liberalisierungsplan der EU-Verkehrsminister müssen die EU-Staaten ihre Märkte für den internationalen Schienen-Personenverkehr ab 2010 für ausländische Anbieter öffnen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Cabotage, das heißt für Abschnitte auf internationalen Strecken innerhalb eines Landes. Die Cabotage könnte nach der vom EU-Ministerrat beschlossenen Regelung eingeschränkt werden, wenn dadurch das Gleichgewicht des gemeinwirtschaftlichen Interesses, etwa auf wenig gewinnbringenden regionalen Strecken, gestört wäre, sagte Gorbach. Feststellen müsste dies der nationale Regulator.

"Nicht mehr unter der Käseglocke"

Gorbach sprach von einer "wichtigen Vorbereitung auf mehr Wettbewerb" für die ÖBB. "Wir stehen nicht mehr unter der Käseglocke." Die möglichen Einschränkungen seien auf Grund der in einigen EU-Staaten vorhandenen "Angst von Nachbarländern" zu Stande gekommen. Nach Angaben von Diplomaten stimmten aber Frankreich, Belgien und Luxemburg trotz anfänglicher Kritik für den Vorschlag. Einzig Ungarn habe sich dagegen ausgesprochen, hieß es.

Das EU-Parlament hat in erster Lesung für eine Öffnung des grenzüberschreitenden Personen-Schienenverkehrs bereits ab 2008 gestimmt. Ab 2012 sollen nach dem Willen der EU-Abgeordneten zusätzlich der nationale Schienenverkehr in der EU liberalisiert werden.

Proteste in Brüssel

Rund 3.000 Eisenbahner protestieren nach Gewerkschaftsangaben in Brüssel gegen das Reformpaket. "Liberalisierung und Marktöffnung als Medizin waren höchstens ein Placebo, denn der Rückgang der Schiene und der Verkehrskollaps auf der Straße konnten damit nicht gestoppt werden", erklärte Wilhelm Haberzettl, Präsident der Europäischen Transportarbeiter Föderation (ETF) und Vorsitzender der Eisenbahnergewerkschaft (GdE) in einer Aussendung. Die Minister würden damit "einem ruinösen Wettbewerb Tür und Tor öffnen", der am Ende aber auf den Rücken der Kunden und der Arbeitnehmer ausgetragen werden würde. Die Gewerkschaft der Eisenbahner übergab an die Vertretung der EU-Kommission eine Resolution zum erwarteten Bericht über die Auswirkung der Schienengüterverkehrsliberalisierung.

Mitbeschlossen haben die EU-Verkehrsminister den einheitlichen europaweiten Lok-Führerschein für Zugführer. Einig waren sich die EU-Minister auch über Entschädigungen für Bahnpassagiere auf internationalen Strecken. Bahnkunden können demnach bei Verspätungen von einer bis zwei Stunden 25 Prozent des Ticketpreises, bei Verzögerungen über zwei Stunden die Hälfte des Ticketpreises zurückverlangen. Auf den nationalen Streckenabschnitten gilt diese EU-Regelung nicht. (APA)