Im vorigen Jahrhundert, bis in die Jahre um 1970, wurde jeder, der sich für den öffentlichen Dienst entschied, von seinen Schul- oder Studienkollegen ausgelacht. Lagen doch die Beamtengehälter weit unter jenen in der Privatwirtschaft. In dieser Zeit war das Pensionszuckerl für Staatsdiener gerecht: Als Ausgleich für geringe Aktivbezüge wurden Beamten üppigere Pensionen und Zuverdienstmöglichkeiten zugestanden.

Seit den 70er-Jahren hat sich viel verändert. Etwa die Gehälter für Beamte: Die niedrigen Bezüge sind Geschichte, schon lange liegen die Einkommen im öffentlichen Dienst zumindest gleichauf, oft aber sogar über den Bezügen in der Privatwirtschaft. Das ist auch richtig so, die "Firma" Staat soll ihre Bediensteten ordentlich entlohnen. Bloß: Die einzig logische Konsequenz aus diesen angepassten Gehältern wäre, auch die Pensionsregelungen anzupassen - und die nicht mehr notwendigen Zuckerln zu entsorgen.

Der traditionell beamtenfreundliche Verfassungsgerichtshof hat aber eine andere Logik, die sich nicht an Verteilungs- oder sonstiger Gerechtigkeit orientiert. Für die Höchstrichter ist Beamtentum ein Lebensjob, also gehen Beamte auch nie in Pension - und weil es keinen Ruhestand gibt, kann es auch keine Ruhestandsregelungen geben. Also dürfen Beamte zu ihrer Pension dazuverdienen - ASVG-Pensionisten dagegen nicht.

Genau solche ungerechtfertigten Unterschiede zwischen Gleichen und Gleicheren sind es, die Vorurteile gegen Beamte schüren und die (ohnehin lückenhafte) Harmonisierung der Pensionssysteme konterkarieren. Daher hat die Regierung Recht, wenn sie aus dem Urteil auch die Konsequenz zieht, die Abschaffung des Beamtentums zu beschleunigen. Fraglich ist nur, ob diese Koalition zu diesem Kraftakt noch fähig ist. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.12.2005)