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Wien - SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer will den Mittelstand mit Einkommen bis 3.700 Euro monatlich brutto "massiv entlasten", sollte er nach den nächsten Nationalratswahlen Bundeskanzler werden. Dies würde 90 Prozent der Bevölkerung treffen. Gleichzeitig soll die Höchstbeitragsgrundlage von 3.650 auf 5.000 Euro angehoben werden, was zu einer maximalen monatlichen Mehrbelastung von 25 Euro führen würde. Die ÖVP spricht von einer "Falle" und meinte, bei rot-grün drohe Belastung statt Entlastung.

Das BZÖ sieht ein andauerndes "wirtschaftspolitisches Wirr-Warr" der SPÖ. Die Grünen wiederum werfen Gusenbauer vor, völlig auf Armutsbekämpfung und Entlastung für Frauen zu verzichten und die FPÖ bezeichnete die Aussagen des SPÖ-Chefs in der Fernsehpressestunde des ORF am Sonntag als Trauerspiel.

Anwältin der sozialen Gerechtigkeit

Gusenbauer betonte, die SPÖ sei die Anwältin der sozialen Gerechtigkeit. Eine Reichensteuer lehnt er ab. Es werde auch kein Antasten der steuerlichen Begünstigung beim 13. und 14. Monatsgehalt geben. Ziele Gusenbauers sind u.a. die Abschaffung der Studiengebühren, der Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag, wobei der SPÖ-Vorsitzende davon spricht, dass inklusive Folgekosten sechs Milliarden Euro eingespart werden könnten, ferner eine 15-prozentige Erhöhung von Pendlerpauschale und Kilometergeld.

Dieses "Entlastungspaket für den Mittelstand" soll innerhalb einer Legislaturperiode beginnend ab 2007 umgesetzt werden. Außerdem will Gusenbauer im Rahmen einer Gesamtumschichtung von drei Mrd. Euro eine Investitionsförderung für Betriebe in Österreich statt der bisherigen Praxis der Gruppenbesteuerung. Notwendig sei ein vernünftiger Investitionsfreibetrag.

Bildungspolitisch tritt Gusenbauer für eine "Gemeinschaftsschule" aller Kinder bis 15 Jahren ein, ebenso soll es ein verpflichtendes Vorschuljahr im Kindergarten geben sowie eine gesetzlich festgelegte Klassenschülerhöchstzahl von 25.

Gegen verpflichtendes Türkisch für Pflichtschullehrer

Ablehnend steht Gusenbauer dem Plan der Wiener Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl nach einer verpflichtenden Sprachausbildung für Pflichtschullehrer in Türkisch oder Serbokroatisch gegenüber. Man müsse bedenken, dass es Klassen mit bis zu zwölf verschiedenen Nationalitäten gebe. Notwendig sei, dass die Kinder möglichst gut Deutsch lernen. In dem Zusammenhang müsse man sicher die Ausbildung der Lehrer verbessern, daher bekräftige er den SPÖ-Vorschlag für eine universitäre Ausbildung in diesem Bereich, wie es in Europa üblich sei.

Was Koalitionen betrifft, wollte sich Gusenbauer nicht festlegen. Die SPÖ würde im Fall eines Wahlsiegs den Wählerwillen dahingehend berücksichtigen, ob Grüne oder ÖVP aus dem Urnengang gestärkt hervorgingen. Die Frage einer Zusammenarbeit mit dem BZÖ "ungefähr so wie die, wollen Sie mit dem Krampus eine Koalition machen. Es hat keinen Sinn über eine Partei zu spekulieren, die in Umfragen zwei Prozent hat." Zur FPÖ wiederum meinte er, diese habe sich selbst aus dem Rennen genommen und sei nicht koalitionsfähig. Und zu den Grünen merkte Gusenbauer an, diese hätten ihre eigenen Wähler "ein biss'l verwirrt, indem Van der Bellen kürzlich sagte, er würde Abfangjäger und Studiengebühren akzeptieren, um eine Koalition mit der ÖVP zu bilden". Ein Mehrheitswahlrecht lehnt er ab, die Länge der Legislaturperiode soll bei vier Jahren bleiben.

Schüssel und Haider "zu feig"

Zu den Kärntner Ortstafeln kritisierte Gusenbauer, dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) und Landeshauptmann Jörg Haider (B) "zu feig" zur Umsetzung gewesen seien, obwohl vor Monaten eine Vereinbarung vorgelegen sei. Die Kärntner hätten aber 2009 die Möglichkeit, Haider abzuwählen und dann würde er mit SP-Landeschefin Gabriele Schaunig "das umsetzen, was Haider und Schüssel nicht zu Stande gebracht haben".

ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka sprach von einem überheblichen Gusenbauer. Der SPÖ-Chef plane eine Erhöhung der Krankenversicherung, was natürlich eine Belastung und nicht eine Entlastung sei. BZÖ-Sprecher Uwe Scheuch sieht nichts Neues bei der SPÖ. Die Steuerpolitik von Gusenbauer sei "völlig daneben". Notwendig wäre die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 84.000 Euro jährlich. Der grüne Budgetsprecher Werner Kogler bemängelte, dass der SPÖ-Chef im "Buhlen um den so genannten Mittelstand" Gerechtigkeit gegenüber unteren Einkommensbeziehern, unter ihnen mehrheitlich Frauen, aus dem Blick verloren" habe. Positiv seien aber die Vorschläge zum Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und für das Gesundheitssystem. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl sieht im Fall einer Kanzlerschaft Gusenbauers ein "böses Erwachen" für die Österreicher. (APA)