Grafik: Der Standard

"Panerai bleibt eine exklusive Nischenmarke", sagt Brand-Manager Marcel Rößner.

Foto: Panerai

Die Tradition, auf die Panerai sich stolz beruft, ist eine martialische: Italienische Marinetaucher trugen die monumentalen Zeitmesser im Zweiten Weltkrieg, wenn sie feindliche Schiffe mit Torpedos versenkten. 300 Uhren fertigte der Präzisionsinstrumentehersteller Giuseppe Panerai aus Florenz für die Marine an, danach wurde dieser Geschäftszweig nicht weiter gepflegt - bis Panerai 1993 eine limitierte Edition zweier Modelle auf den Markt brachte, die das Interesse eines Exil-Italieners in Hollywood weckten. Als Sylvester Stallone im Actionmovie "Daylight" eine Panerai am muskulösen Unterarm in die Kamera hielt, brachte er einen Stein ins Rollen, der den XXL-Uhren binnen eines Jahrzehnts zu Kultstatus verhalf.

Der Standard: Wozu macht Panerai überhaupt Werbung? Die Nachfrage ist angeblich doppelt so hoch wie das Angebot.
Rößner: Im Luxusmarketing gilt das Gesetz: "Biete immer ein Exemplar weniger an als der Markt verlangt." Daran halten wir uns, übrigens auch unfreiwillig, weil wir eine geringe Produktionskapazität haben.

Der Standard: Warum wird die Kapazität denn nicht einfach ausgeweitet?
Rößner: Weil wir Uhrmacher sind und keine Modeuhrenproduzenten. Unser Markenkonzept ist von A bis Z auf Exklusivität aufgebaut, und dabei bleiben wir.

Der Standard: Sind die Werbemaßnahmen daher mehr Image- als Verkaufs-Kampagnen?
Rößner: Ja. Es geht uns vor allem darum, dass die Kunden den Zusammenhang zur Geschichte der Marke erkennen - daher die Anzeigen mit den Bildern aus früheren Zeiten, oder die Headline "Il valore del tempo".

Der Standard: Dabei setzen Sie auch auf Hollywood. Steigert es die Nachfrage, wenn Orlando Bloom in "Elizabethtown" eine Panerai trägt?
Rößner: Das ist reiner Zufall! Auch in Luc Bessons Film "The Transporter" spielt eine Panerai mit. Aber die Schauspieler wählen sich ihre Uhren selbst aus. Wir würden das auch nicht unterstützen, denn wir machen absichtlich keine VIP- oder Testimonial-Geschichten. Wenn ein Promi eine Panerai haben will, muss er sie sich kaufen wie jeder andere auch.

Der Standard: Warum so undankbar? Ohne Sylvester Stallones Einsatz wäre Panerai wohl nicht so weit gekommen.
Rößner: Das stimmt. Um eine Marke zu lancieren, sind prominente Botschafter sehr wichtig. Aber: Stallone hat das ohne unser Wissen gemacht. Er ist ja auch Italiener und findet Panerai einfach toll. Heuer haben wir in Kooperation mit ihm eine Sonderedition herausgebracht, die "Slytech Submersible". Ein Teil des Erlöses geht an ein Hilfswerk für herzkranke Kinder. Stallones Tochter hat ja einen Herzfehler, und er engagiert sich sehr für die Erforschung dieser Krankheit.

Der Standard: Hat der Hobbymaler Stallone dieses Uhrenmodell auch designt?
Rößner: Nein. Das Design kommt ausschließlich aus unserem Haus. Die Italiener sind stur, was das Design betrifft - zu Recht. Nicht umsonst ist italienisches Design weltberühmt.

Der Standard: Die Uhren sehen so retro aus, man könnte meinen, es werden immer nur die Modelle aus den Dreißigerjahren recycelt.
Rößner: Aber wir recyceln nicht, sondern wir entwerfen jedes Jahr neue Modelle. Die historische Kollektion ist eine Hommage an unsere Geschichte - einfache Zweizeigermodelle mit Handaufzug. Die zeitgenössische Kollektion bietet Automatikuhren mit Funktionen wie Datum, Gangreserveanzeige, zweiter Zeitzone. Und die Sonderkollektionen sind Uhren auf höchstem uhrmacherischem Niveau, mit Tourbillon oder einem Schleppzeiger.

Der Standard: Hat das übergroße Format auch einen praktischen Grund oder ist das ein Design-Gag?
Rößner: Es gibt handfeste Gründe. Unsere Uhrwerke haben 16 Linien, sind also sehr groß. Je größer das Werk ist, desto mehr Platz zum Schwingen hat die Unruh, desto genauer geht die Uhr. Und Präzision ist unsere Kernkompetenz: Wir haben früher Präzisionsinstrumente für die Marine hergestellt. Und wegen der besonders guten Ablesbarkeit der Zifferblätter gewannen wir 1938 den Auftrag der italienischen Marine Taucheruhren zu erzeugen.

Der Standard: Taucher wissen, dass unter Wasser alle Dinge 25 Prozent größer wirken, als sie sind. Das Riesenzifferblatt wäre nicht nötig.
Rößner: Also ganz ehrlich: Genauso, wie die Breitling-Zielgruppe nicht aus Piloten besteht, ist unsere Zielgruppe nicht auf Taucher beschränkt.

Der Standard: Wer sind die typischen Panerai-Kunden?
Rößner: Jäger und Sammler, die sich für Uhrentechnik interessieren und substanzielle Marken mit Tradition haben wollen. Durch die Limitierung sind Panerai-Uhren auch beliebte Spekulationsobjekte.

Der Standard: Wie viele Uhren produzieren Sie im Jahr? Rößner: Nur so viel: Deutlich weniger als die sehr exklusive Marke Patek Philippe. Daran wird sich nichts ändern: Wir bleiben auch in den nächsten zehn Jahren eine exklusive Nischenmarke. (Der Standard/rondo/01/12/2005)