Doch Deutschland ist keine Insel der Seligen, und nun muss Merkel zusehen, wie die Geisel und auch sie selbst diese Entführung und Erpressung unbeschadet überstehen - und in dieser zermürbenden Situation gleichzeitig mit Volldampf die innenpolitische Arbeit angehen. Sechs Monate lang ist Deutschland praktisch ja nicht regiert worden. Von jener schicksalhaften Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai bis jetzt herrschte wegen der vorgezogenen Wahlen und der anschließenden Koalitionsbildung Stillstand in Berlin.
Ihre ersten Hausaufgaben hat Merkel erledigt: Sie reiste zum Antrittsbesuch nach Paris, Brüssel und London und war auch zu Hause nicht untätig: Diese Woche hat das schwarz-rote Kabinett die ersten Kürzungen von Subventionen (Eigenheimzulage) auf den Weg gebracht. "Kleine Schritte" wolle sie mit ihrer Regierung machen, sagt die Bundeskanzlerin, weil sie weiß, dass auch ihre große Koalition kein schnelles Wundermittel zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme Deutschlands hat. Das ist überraschend ehrlich - entspricht aber auch der Realität.