Istanbul - Das Oberste Berufungsgericht der Türkei hat die Verurteilung des aus Deutschland abgeschobenen Islamistenführers Metin Kaplan, des "Kalifen von Köln", zu lebenslanger Haft aufgehoben. Die Neunte Strafkammer des Berufungsgerichts in Ankara habe dies unter anderem mit Verfahrensfehlern und nicht ausreichenden Ermittlungen begründet, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi (AA) am Mittwoch. Zudem müsse im Fall Kaplan das im Juni in Kraft getretene neue Strafrecht zur Anwendung kommen, forderten die Berufungsrichter. Wann das Verfahren gegen Kaplan neu aufgerollt wird, war zunächst nicht bekannt.

Kaplan, der vor einem Jahr aus Deutschland in die Türkei abgeschoben worden war, wurde im Juni von einem Gericht in Istanbul wegen eines bewaffneten Umsturzversuches zu lebenslanger Haft verurteilt. Kaplan soll unter anderem geplant haben, 1998 die gesamte türkische Staatsspitze mit einem spektakulären Anschlag auszulöschen.

Kaplan ist der Führer des von seinem Vater Cemettin gegründeten islamischen "Kalifatsstaat" mit Sitz in Köln. Ziel der auch in anderen europäischen Staaten verbreiteten Organisation ist nach Erkenntnissen des deutschen Verfassungsschutzes der Sturz der türkischen Regierung in einem "heiligen Befreiungskampf" und die Schaffung eines islamischen Staats, der Vorbild für die gesamte islamische Welt sein soll. Kaplans "Kalifatsstaat" zählt nach Schätzungen des Verfassungsschutzes in Deutschland bundesweit rund 1300 Mitglieder. (APA/AFP)