Wien - Der Wiener Börse-Vorstand Michael Buhl spricht sich klar für einen Börsegang der Post schon im ersten Halbjahr 2006 aus. "Ich denke, damit wären alle gut beraten", sagte Buhl am Rand einer Investorenkonferenz, bei der ein gutes Dutzend österreichischer börsenotierter Unternehmen in New York mit US-Investoren zusammentrafen.

Die ersten sechs Monate nächsten Jahres würden - rechtzeitig vor den nächsten Nationalratswahlen voraussichtlich im Herbst 2006 - ein günstiges "Fenster" für einen Post-Börsegang darstellen. Die Post, meint er, für diesen Schritt "bestens vorbereitet und startbereit". Die starke Kursentwicklung der Wiener Börse dürfte außerdem weiter anhalten.

Der Kapitalmarkt habe zuletzt eine "hohe Aufnahmefähigkeit" bewiesen. Auch die Kapitalerhöhung der Wiener Städtische werde sich gut verkaufen. "Da sind für 300 oder 400 Mio. Euro der Post noch viel Platz", sagte Buhl.

Flott an die Börse

Schon am Vortag hatte die Staatsholding ÖIAG der Regierung empfohlen, die Post "so rasch wie möglich" an die Börse zu bringen. Laut ÖIAG-Vorstand Rainer Wieltsch wäre ein Post-Börsegang vor den Wahlen im Oktober 2006 auch noch möglich, wenn erst im nächsten Jahr ein Privatisierungsauftrag erfolgt. Weil die Post ihr Rechnungswesen ohnehin verbessert habe, reichten mittlerweile vier bis sechs Monaten als Vorbereitung, hieß es am Montag.

Auch Erste-Chefanalyst Friedrich Mostböck würde die Post am Wiener Aktienmarkt als "absolute Bereicherung" begrüßen, zumal der Bereich defensiver Aktienwerte an der Wiener Börse unterrepräsentiert sei. Vom Risikoprofil verglich er die Post mit der Aktie der Austria Tabak, die nach der Übernahme durch die britischer Gallaher-Gruppe im Jahr 2000 vom Wiener Aktienmarkt verschwand.

Laut Buhl werden die starken Kapitalzuflüsse an den Wiener Aktienmarkt weiter anhalten: Im kommenden Jahr soll die Marktkapitalisierung um rund 20 Mrd. Euro zunehmen, davon sollen rund 5 (2005: 6) Mrd. Euro aus neuen Börsegängen (IPO) und Kapitalerhöhungen kommen, 15 Mrd. Euro soll allein das Wertwachstum durch steigende Kurse ausmachen. Im November hat die Marktapitalisierung - der Gesamtwert der notierten Aktien zum aktuellen Kurs - erstmals die Marke von 100 Mrd. Euro überschritten.

Das prognostizierte 20-Prozent-Plus bei der Kapitalisierung beruht auf den Gewinnerwartungen von Analysten, die für die an der Wiener Börse notierten Unternehmen in den nächsten beiden Jahren ein Gewinnplus von 9 bzw. 13 Prozent vorhersagen.

Der Wiener Markt sei trotz der kräftigen Steigerungen der vergangenen Jahre dank der guten Gewinnentwicklung noch immer unterbewertet, glaubt Mostböck. Das Bewertungsniveau sei nach wie vor attraktiv. Mit einem wesentlichen Unterschied: "Vor 5 Jahren waren wir ein Emerging Market, jetzt nicht mehr". Seit Ende 2000 bis November 2005 hat der Wiener Börseindex seinen Wert verdreifacht (+207 Prozent) und damit eine der größten Wertsteigerungen weltweit hingelegt.

Starkes Engagement in neuen EU-Ländern

Ein wesentlicher Grund für die starke Performance des Wiener Marktes ist das starke Engagement der Börseunternehmen in den neuen EU-Ländern des früheren Osteuropa: Rund 80 Prozent der im Börseindex ATX enthaltenen Werte sind in diesem Raum mit meist großem Erfolg aktiv.

Buhl würde generell eine höhere Aktienbeteiligung der Österreicher begrüßen. Der Börsechef plädiert für mehr Streubesitz ("ich bin für 100 Prozent Privatbesitz"), denn das würde den Börseplatz stärken.

Der Börsevorstand geht davon aus, dass die Aktie der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) auch nach ihrer vollständigen Übernahme durch die neue HVB-Eigentümerin UniCredit weiter an der Wiener Börse notieren wird. Das würde seiner Meinung nach Sinn machen, aus Gründen der "Visibilität" (Sichtbarkeit) und auch, weil auch das künftige Geschäft mit Österreich bzw./und Osteuropa für Anleger interessant sein dürfte. (APA)