Hinter der Überraschung in Bern steht eine ungewöhnliche Allianz aus Bauern, Umwelt- und Konsumentenschützern, und hinter dieser Allianz steht neben dem Bauernverbandspräsidenten, dem stämmigen Landwirt und SVP-Abgeordneten Hansjörg Walter, eine zierliche, aber energische Frau: Simonetta Sommaruga, Sozialdemokratin und Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz.
Die Konsumenten wollten kein Gen-Food auf ihren Tellern; und für die Landwirtschaft gebe es derzeit keine sinnvollen Gentechnikprodukte: Mit dieser Argumentation begründete Konsumentenschützerin Sommaruga die ungewöhnliche, aber letztlich erfolgreiche Allianz mit den Bauern. Die beiden Gruppen stehen einander sonst skeptisch gegenüber - die Konsumenten möchten billigere, aber gesunde und umweltfreundlich hergestellte Lebensmittel; die Bauern sehen sich durch Naturschutzauflagen und Preis- und Konkurrenzdruck gefährdet. In Schweizer Zeitungen war denn auch zu lesen, die Bauern hätten sich für die Gentech-Abstimmung zu Grünen und Linken ins "Lotterbett" gelegt. Von einem "Techtelmechtel" war die Rede, von einem politischen Seitensprung der Landwirte. Doch das Bündnis könne Bestand haben, glaubt Sommaruga.
Die vor 45 Jahren im Kanton Tessin geborene Sommaruga war immer schon eine Brückenbauerin, die ohne Berührungsängste auch mit Konservativeren nach mehrheitsfähigen Lösungen suchte. Als Konsumentenschützerin kämpfte sie auch gegen Staatsmonopole und für mehr Wettbewerb und wurde deshalb von den eigenen Genossen lange Zeit beargwöhnt. Doch der Erfolg gibt ihr Recht: Im Jahr 2003 schaffte es die Sozialdemokratin überraschend, im konservativ-ländlichen Kanton Bern dem bürgerlichen Lager einen der beiden Sitze in der kleinen Kammer des Bundesparlaments abzujagen - dank breiter Unterstützung von Bauern, Grünen und liberalen Bürgerlichen.