Rom - Noch nie waren mehr Menschen von Aids bedroht; am Rande des Welt-Aids-Tages am 1. Dezember lebt die Debatte um Schutzmaßnahmen neu auf: Die römisch-katholische Kirche ist weiter nicht bereits, das Kondom zu akzeptieren.

4,9 Millionen Menschen infizierten sich heuer neu mit dem HI-Virus, 40,3 Millionen Menschen tragen es in sich, 3,1 Millionen Menschen sind in diesem Jahr an Aids gestorben, darunter 570.000 Kinder. Diese Zahlen veröffentlichte die UNO in Neu-Dehli.

Damit forderte die Krankheit mehr Menschenleben als alle Naturkatastrophen seit dem Tsunami zusammen.

"Eine der schlimmsten Krankheiten weltweit ist durch andere Katastrophen aus den Schlagzeilen geraten, aber die Ansteckungen steigen in Deutschland schon wieder", sagte Boris Becker, der sich in den Dienst der Aufklärung stellt. Er propagiert geschützten Verkehr, wie ihn die Kirche ablehnt.

Die brasilianische Sängerin Daniela Mercury darf deshalb nicht bei einem Weihnachtskonzert vor dem Papst auftreten: Sie zeigt in ihrer Heimat dasselbe Engagement.

Benedikt XVI. ist in dieser Frage unbeugsam. Vor afrikanischen Bischöfen sprach er heuer von der Bedrohung durch "Scheidungen, Abtreibungen, Prostitution, Menschenhandel und eine Mentalität der Verhütungsmittel".

In der Vergangenheit haben Gläubige immer wieder an den Vatikan appelliert, angesichts der Aids-Gefahr den Gebrauch von Präservativen. Aber auch Johannes Paul II. hatte sich klar dagegen ausgesprochen.

In Afrika zeichnet sich dennoch eine vorsichtige Öffnung der Kirche ab. "Wenn in der Ehe einer der PartnerInnen HIV-infiziert ist, ist der Einsatz von Kondomen sinnvoll", sagte der kamerunsche Kardinal Christian Tumi Ende Oktober in Douala. Das gelte allerdings nur innerhalb der Ehe, da die Kirche sexuelle Beziehungen zwischen unverheirateten PartnerInnen für unmoralisch halte. An eine absehbare Haltungsänderung im Vatikan glaubt Tumi jedoch nicht. Weil sich die Kirche beleidigt fühlte, wurden in Taiwan jüngst Anti-Aids-Plakate zurückgezogen. Sie zeigen eine lächelnde Nonne mit einem Kondom und den Worten: "Auch wenn ich keines brauche, weiß sogar ich Bescheid". (red, DER STANDARD, Print, 28.11.2005)