Nestlé-Chef Peter Brabeck nannte die Beschlagnahme von Babymilch "Sturm im Wasserglas"

Der italienische Gesundheitsminister will Nestlé-Chef Peter Brabeck verklagen, weil dieser behauptet hat, mit Zustimmung der italienischen Regierung und der EU verunreinigte Babymilch am Markt gelassen zu haben.
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Die Beschlagnahme mehrerer Millionen Packungen Babymilch hat eine heftige Kontroverse zwischen der italienischen Regierung und dem Nestlé-Konzern ausgelöst. Die Staatsanwaltschaft von Ascoli Piceno (Region Marken) hatte die Maßnahme angeordnet, nachdem bei einer Laboruntersuchung der Flüssigmilch Spuren der Substanz Isopropylthioxanthon (ITX) entdeckt worden waren. Die Chemikalie wird beim Bedrucken der Packungen als Fixierstoff für Farbe verwendet.

Politischer Akt Der aus Österreich stammende Nestlé-Chef Peter Brabeck erklärte in Zürich, die Beschlagnahme sei ein politischer Akt. Der Konzern habe bereits im Juli mit der EU und dem italienischen Gesundheitsministerium vereinbart, die Verwendung der Packungen auslaufen zu lassen. Italiens Gesundheitsminister Francesco Storace wies diese "schwerwiegende Behauptung" entschieden zurück und kündigte eine Verleumdungsklage gegen Brabeck an.

In ganzseitigen Anzeigen in allen wichtigen italienischen Zeitungen versicherte Nestlé, die beanstandeten Packungen bereits am 15. November aus den Geschäften zurückbeordert zu haben. Es handle sich um eine "reine Vorsorgemaßnahme", da von der darin festgestellten Substanz ITX "keine gesundheitliche Gefährdung" ausgehe. In seiner Stellungnahme nannte Brabeck die Beschlagnahme einen "Sturm im Wasserglas", der vor allem politisch bedingt sei.

Im September entdeckt

Die Verunreinigung der Flüssigmilch war aber schon Anfang September von einem bei der Forstwache beschäftigten Studenten entdeckt worden, der die von seiner Frau gekaufte Babymilch untersuchte und dabei eine unbekannte Substanz feststellte. Er lies die Milch noch einmal von einem professionellen Labor untersuchen, das die Verunreinigung durch den Druckfarbenzusatz feststellte.

Dieses Ergebnis übermittelte der Student an das Gesundheitsamt der Region Marken, dieses wiederum informierte das Gesundheitsministerium in Rom und die Staatsanwaltschaft von Ascoli Piceno.

Der italienische Gesundheitsminister Storace reichte die Information am 8. September an die zuständigen EU-Behörden weiter. Ein endgültiges Gutachten der EU-Lebensmittelbehörde über die Auswirkungen der Substanz ITZ ist aber nicht nicht vor März 2006 zu erwarten.(Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD Printausgabe 25.11.2005)