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In vier Jahren soll die EU-Zuckerproduktion auf rund 12 Millionen Tonnen pro Jahr zurückgefahren werden.

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Brüssel - Auf eine Totalreform der seit fast 40 Jahren bestehenden EU-Zuckermarktordnung haben sich die EU-Agrarminister Donnerstag nachmittag geeinigt. Kern der Neuerung: Die Preise für Zucker werden um 36 Prozent gesenkt. Dadurch soll um die Zuckerproduktion in der Union auf rund zwölf Millionen Tonnen pro Jahr zurückgefahren werden; derzeit werden knapp 20 Mio. Tonnen produziert.

Für den Ausstieg aus der Produktion soll es großzügige Prämien geben. Die Rübenbauern erhalten Ausgleichszahlungen von 64 Prozent des Einkommensverlustes. Um den Kompromiss zu erreichen, ohne die Reform völlig aufzuschnüren, hat die britische EU-Präsidentschaft in Abstimmung mit der EU-Kommission einerseits bei den Preissenkungen (ursprünglich waren 39 Prozent vorgesehen) andererseits bei den Ausgleichszahlungen nachgegeben.

Außerdem wurde für fast jedes Land ein besonderes Zugeständnis im Kompromiss aufgenommen. Zudem wurde Ländern, die mehr als 50 Prozent ihrer Zuckerproduktion verlieren, großzügige Zugeständnisse für mehr Kompensationszahlungen für ihre Bauern und betroffene Regionen gemacht.

EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel unterstrich, dass man mit dem Kompromiss versucht habe, das Gleichgewicht zwischen mehr Hilfen für die besonders betroffenen Länder einerseits und einer klaren Perspektive für mehr Wettbewerbsfähigkeit in der EU-Zuckerindustrie nach der Umsetzungsphase der Reform andererseits zu bieten. "Wir haben ein Paket, das so ausgewogen ist wie möglich", so Fischer Boel. Hätte man sich nicht geeinigt, würde dies "massive Konsequenzen" für die Zuckerindustrie haben.

Österreich-Paket

Landwirtschaftsminister Josef Pröll betonte, es sei gelungen, kritischen Punkte der Reform zu entschärfen und ein Sonderpaket für Österreich herauszuverhandeln. Die österreichischen Rübenbauern würden damit auch unter den Bedingungen der neuen Zuckermarktordnung am europäischen Markt bestehen können. Insbesondere hob Pröll das Sonderpaket über neun Mio. Euro hervor - ähnliche Sonderkonditionen habe lediglich Schweden aushandeln können. Damit sollen Umstrukturierungen abgefedert werden.

Außerdem ist der Sondertopf für Transportprobleme gedacht, sollte es zur Schließung einer der drei Zuckerfabriken in Österreich kommen. Aus der jetzt beschlossenen Reform lasse sich jedoch "die Notwendigkeit einer Standortschließung nicht ableiten", sagte Pröll an die Adresse des Zuckerverarbeiters Agrana.

Die wichtigsten Punkte des Reformpakets
  • Der Preis auf Zucker wird um 36 Prozent, auf Rübe um 39,4 Prozent gesenkt. Vorgeschlagen gewesen waren 39 bzw. 42,6 Prozent.
  • Die vorgeschlagene Ausgleichszahlungen als Kompensation für die kommenden niedrigeren Preise wurden von 60 auf 64,2 Prozent angehoben.
  • War ein Einschleifen der Reform ursprünglich auf zwei Jahre angelegt, werden die Änderungen nur über vier Jahre laufen.
  • In dieser Übergangsperiode gibt es einen Interventionspreis, dessen Niveau schleifend niedriger wird.
  • Es gibt Schutzklauseln, die bei einem Import-Anstieg um 25 Prozent zum Vorjahr angewendet werden.
(Johanna Ruzicka/APA, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.11.2005)