Beirut- Nach den schwersten Gefechten an der israelisch-libanesischen Grenze seit fünf Jahren hat sich die Regierung in Beirut am Donnerstag mit der Schiiten-Organisation Hisbollah solidarisiert. Ministerpräsident Fouad Siniora machte Israel für die Eskalation verantwortlich. Der Führer der multikonfessionellen parlamentarischen Mehrheitskoalition, Saad Hariri, erklärte seinerseits in einem Radiointerview, dass die Entwaffnung der Hisbollah-Miliz nicht vom Ausland erzwungen werden könne. "Das ist eine Angelegenheit, die wir durch den Dialog lösen", sagte Hariri, der die Verdienste der Schiitenmiliz als "nationale Widerstandskraft" hervorhob. Die Hisbollah ist seit Juli in der Regierung vertreten, ihre Miliz kontrolliert den Süden des Landes.

Der UNO-Sicherheitsrat in New York hatte die Hisbollah am Vorabend gerügt. Israel hat sich nach den Worten von Außenminister Silvan Shalom ein weiteres militärisches Vorgehen gegen die Miliz vorbehalten. Die "derzeitige Situation im Libanon kann so nicht weitergehen", sagte Shalom am Mittwoch im israelischen Rundfunk. Er warf der libanesischen Regierung vor, sich nicht gegen die Hisbollah durchsetzen zu können. Israel hatte sich im Mai 2000 nach 22-jähriger Okkupation aus dem Südlibanon zurückgezogen. Der Libanon beansprucht auch das Shebaa-Gebiet, das weiter von Israel besetzt ist, weil es nach israelischer Auffassung ursprünglich zu Syrien gehörte und deshalb erst nach einem Friedensvertrag mit Damaskus geräumt werden soll. Syrien anerkennt allerdings die libanesischen Territorialansprüche.

Der libanesische Ministerpräsident Siniora erklärte am Donnerstag, die fortwährende Shebaa-Okkupation sei die Ursache der jüngsten Eskalation, für die ausschließlich Israel die Verantwortung trage.

Der Konflikt mit Israel hat die Regierung in Beirut offenbar wieder zusammengeschweißt. Die jüngsten heftigen Attacken des syrischen Staatschefs Bashar Assad gegen die libanesische Führung hatten zu einer Spaltung des Kabinetts Siniora geführt. In einer Rede hatte Assad den libanesischen Regierungschef als "Sklaven seiner Meister" bezeichnet, womit er auf westliche Mächte anspielte. Alle schiitischen Minister, unter ihnen Außenminister Faouzi Salloukh, hatten sich geweigert, den Protestbeschluss des Ministerrats mitzutragen. Zugleich stellten sie klar, dass sie nicht daran dächten, von ihren Ämtern zurückzutreten.

Bei der Bildung seiner Regierung hatte Siniora erklärt, er sei stolz darauf, den Hisbollah-Funktionär Mohammed Fneich als Energieminister zu seiner Mannschaft zählen zu können. Der an der Beiruter Universität ausgebildete Mathematiker, laut offizieller Biografie ein "bewährter Kämpfer gegen die zionistische Okkupation", war 1984 im damals besetzten Südlibanon längere Zeit in israelischer Gefangenschaft. Der schiitische Arbeitsminister Tarrad Hamade und Außenminister Salloukh stehen der Hisbollah nahe. In dem im Sommer gewählten libanesischen Parlament stellt die Schiiten-Allianz 35 der 128 Abgeordneten, 14 von ihnen gehören der Hisbollah an. (APA)