Der Holocaust-Leugner und "Historiker" David Irving wird in Wien seinen Prozess nach dem NS-Wiederbetätigungsgesetz bekommen. In einem STANDARD-Gastkommentar plädiert nun der Grazer Soziologe Christian Fleck dafür, "den Irving doch reden zu lassen", d. h. ihn mit Verachtung zu strafen und nicht vor Gericht zu stellen. Die Leugnung des größten Verbrechens der Weltgeschichte, so Fleck, sei ein "Meinungsdelikt und als solches kaum geeignet, die Gefahr einer Wiederbegründung der NSDAP zu produzieren". Fleck tritt dafür ein, stattdessen die schlagenden Burschenschafter aus diversen Lehr-und Forschungseinrichtungen zu entfernen, die David Irving zu einem Vortrag eingeladen haben. Dennoch erliegt er einem Trugschluss. Leugnung des Holocaust in systematischer, öffentlicher Form ist kein "Meinungsdelikt". Es ist der Versuch, vor einem entweder zustimmenden oder zumindest verunsicherten Publikum die Essenz der nationalsozialistischen Herrschaft verschwinden zu lassen und damit den Nationalsozialismus ins Positive zu drehen. Das ist heute bewusst gesetzte Propaganda für die Vernichter von Demokratie und Menschenrechten, für ihre Ideologie und ihre Strukturen. (DER STANDARD, Printausgabe, 24.11.2005)