Wien - Im jüngsten Kapitel des Fortsetzungskrimis "Willkommen Österreich" ließ News am Mittwoch zwei weitere Darsteller auftreten, die in die illegale Vergabe von Visa an österreichischen Vertretungen im Ausland verwickelt sein sollen. Die Staatsanwalt, die sich mehr an Fakten orientiert, konnte die zitierte "dramatische Ausweitung" der Visa-Affäre allerdings nicht erkennen. Die beiden Verdächtigen seien erstens nichts Neues, so der Sprecher der Anklagebehörde, Otto Schneider, und zweitens nach bisherigen Ermittlungen wahrscheinlich nur am Rande involviert.

Was bisher geschah: Ein mittlerweile pensionierter Generalkonsul und ein weiterer Mitarbeiter des Außenministeriums sollen über Jahre hinweg Visa auf Bestellung verkauft und damit bis zu 1500 Euro pro Kundschaft verdient haben. Zentrale Schauplätze sind die österreichischen Botschaften in Budapest, Belgrad und Bukarest. Mit von der Partie sollen fünf Geschäftsmänner aus Kärnten, Niederösterreich und aus dem Burgenland gewesen sein, die die für die Sichtvermerke notwendigen Einladungen abgegeben haben sollen. Als mutmaßlicher Organisator des illegalen Reiseunternehmens wurde vor kurzem ein 34-jähriger Serbe festgenommen.

10.000 Sichtvermerke

Die nächsten Folgen am Schauplatz Gericht sind noch ungewiss, die Staatsanwaltschaft schließt Erhebungen gegen weitere Personen nicht aus. Bis zu 10.000 ausgestellte Visa werden überprüft.

Am politischen Nebenschauplatz schlug der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Josef Cap erneut das Kapitel Untersuchungsausschuss auf. Er kritisierte, dass die Regierungsfraktionen in der letzten Nationalratssitzung einen Untersuchungsausschuss mit der Begründung abgelehnt hatten, dass es sich nur um Einzelfälle handle. Der Umstand, dass nun von immer mehr Verdächtigen und Visa die Rede sei, mache einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss immer dringender. Das Außenministerium habe schon zu lange beteuert, dass alles in Ordnung sei.

Im Außenamt wurde hingegen auf STANDARD-Anfrage beteuert, dass im konkreten Fall nichts in Ordnung sei - falls die Vorwürfe stimmen. "Aber es sind Einzelfälle", so Außenamtssprecherin Astrid Harz. Bei 400.000 Visa-Ausstellungen pro Jahr könne es keine 100-prozentige Sicherheit geben. Auch die eigens gebildete hausinterne Untersuchungskommission gehe den Vorwürfen nach und sei mit allfälligen Verbesserungen bei der Visa-Ausstellung beschäftigt. Als erste Maßnahme wurde in den inkriminierten Botschaften die routinemäßige Aktenvernichtung bis auf weiteres gestoppt. (simo/DER STANDARD, Printausgabe, 24.11.2005)