München - Nach tagelangen Spekulationen hat der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber sein neues Kabinett überraschend schnell vorgestellt. Als Nachfolger für den ausscheidenden Wirtschaftsminister Otto Wiesheu präsentierte Stoiber am Mittwoch seinen bisherigen Staatskanzleichef Erwin Huber (59). Dessen Schlüsselstelle an der Seite Stoibers übernimmt Europaminister Eberhard Sinner (61).

Neue Europaministerin wird Umweltstaatssekretärin Emilia Müller (54). CSU-Fraktionsvize Otmar Bernhard (59) wird Müllers Nachfolger als Staatssekretär im Umweltministerium. Die neuen Amtsinhaber (alle CSU) erhalten am kommenden Dienstag (29. November) ihre Ernennungsurkunden. Die CSU-Fraktion billigte den Vorschlag nach Angaben von Fraktionschef Joachim Herrmann einstimmig.

"Gute Antwort"

Stoiber stellte eine weitere Kabinettsumbildung noch in dieser Legislaturperiode in Aussicht. Das biete sich an, wenn man mit einer neuen Mannschaft in die Landtagswahl 2008 gehen wolle, sagte er. Grund für die jetzige Veränderung sei ausschließlich das Ausscheiden von Wirtschaftsminister Wiesheu, der am 1. Jänner 2006 in den Vorstand der neuen Bahn wechselt. "Ich glaube, dass wir darauf eine gute Antwort gefunden haben."

Entgegen den Forderungen der Jungen Union betonte Stoiber, er habe zum jetzigen Zeitpunkt nicht daran gedacht, das Kabinett zu verändern, zu verjüngen oder andere Strukturen zu schaffen. "Das Kabinett ist stark. Es arbeitet gut und gut zusammen. Warum sollte ich jetzt eine Mannschaft, die gut ist, ändern nur um des Änderns willen?"

Ursprünglich hatte Stoiber seine neue Aufstellung erst in der kommenden Woche präsentieren wollen. Den neuen Wirtschaftsminister Huber lobte er als einen "Eckpfeiler" seines Kabinetts. Nach dem Schwergewicht Wiesheu könne das Amt nur durch ein anderes Schwergewicht ersetzt werden. Huber ist gelernter Steuerexperte und hat Volkswirtschaft studiert.

Beifall

Die Berufung Sinners zum Staatskanzleichef wurde in der Fraktion mit großem Beifall aufgenommen. Dem gelernten Förster aus Unterfranken wird zugetraut, nach den Querelen um Stoibers Verzicht auf ein Ministeramt in Berlin das Klima zwischen Staatskanzlei und Landtag zu verbessern. Die Landtags-CSU hatte Stoiber in den vergangenen Wochen massiv kritisiert und mehr Teamgeist von ihm verlangt. Ursprünglich war für den Posten Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) vorgesehen, gegen den es in der Fraktion allerdings Vorbehalte gab.

Sinner muss jedoch die Zuständigkeit für die Bundesratsangelegenheiten abgeben. Dieser Bereich wird wie früher wieder dem Europaministerium zugeschlagen. Er wolle, dass sich Sinner voll auf die Leitung der Staatskanzlei konzentriere, sagte Stoiber.

Mit der neuen Europaministerin Müller sind wieder drei Frauen in der Ministerriege vertreten. Die 54-Jährige war früher Europaabgeordnete und ist erst seit 2003 im Kabinett. Stoiber sagte: "Ich habe schon immer ein politisches Auge auf die sehr tatkräftige Europaabgeordnete Emilia Müller geworfen."

Mit dem neuen 59 Jahre alten Umweltstaatssekretär Bernhard zieht lediglich ein Neuling ins Kabinett ein, der allerdings langjährige parlamentarische Erfahrung hat. Die Junge Union (JU) hatte in den vergangenen Wochen einen Generationswechsel in der Regierungsmannschaft gefordert. Stoiber sagte mit Hinweis auf seinen Finanzminister Kurt Faltlhauser (65), es wäre ein schwerer Fehler, Besetzungen allein nach dem Alter zu entscheiden.

Indirekt deutete Stoiber auf Fragen von Journalisten auch eine Ablösung seines umstrittenen Regierungssprechers Martin Neumeyer an. "Ich bin ja nicht taub und nicht blind", sagte er mit Blick auf die Kritik an Neumeyer. Das Thema sei jedoch nicht entscheidungsreif. (APA/dpa)