Der künftige Bawag-Chef Ewald Novotny hält den Refco-Kredit von 425 Millionen Euro "für keine Kleinigkeit, aber nicht für substanzgefährdend". Einen Börsegang oder den Einstieg eines Partner schließt er für seine Amtszeit aus.

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STANDARD: Sie wollen eine Kursänderung der Bawag: Rückzug aus riskanten Geschäften, Hinwendung in den Osten. War der Ausflug in die US-Hochfinanz doch nicht das Wahre?

Ewald Nowotny: Zur Strategie in der Vergangenheit will ich nichts sagen, im Nachhinein ist man ja immer klüger. Die Verstärkung des Ostgeschäfts war schon bisher Strategie der Bank, für diesen Bereich war ich auch Berater.

STANDARD: Wo sehen Sie im Osten noch Platz für die Bawag?

Nowotny: Ein ganz großer Spieler werden wir nicht. Wir setzen auf unseren guten Zugang zu den Spar- und Kreditkunden, auf Betriebsratskredite. Daneben werden wir unsere Klein- und Mittelbetriebe in den Osten begleiten. Natürlich gibt es dort starke Konkurrenz. Der Schwerpunkt des Geschäfts bleibt daher sicher in Österreich, die anderen Märkte wie Slowenien, wo die Bawag heuer eingestiegen ist, gehören zum Heimmarkt.

STANDARD: Wird der wirklich zum Überleben reichen?

Nowotny: Der Weg der Bawag ist organisches Wachstum, man soll da einfach keine Abkürzungen gehen. Unser Geschäftsmodell ähnelt dem der deutschen Postbank: Sie beweist, dass eine Retail-Bank gute Erträge machen kann.

STANDARD:Die Bawag muss 425 Mio. Euro Refco-Kredit verdauen und die P.S.K.-Fusion soll Gewinne schreiben, auf dass der ÖGB Dividenden bekommt. Werden Sie Jobs abbauen?

Nowotny: Nein, aber die Effizienz steigern.

STANDARD:Müssen die beiden Refco-involvierten Vorstände, Christian Büttner und Peter Nakowitz, gehen?

Nowotny: Nein, alle Verträge laufen bis 2008. Die beiden spielen eine wichtige Rolle bei der Bewältigung des überschaubaren Refco-Problems.

STANDARD: Haben Sie die Bawag auch bei Refco beraten?

Nowotny: Nein. Und: Die Refco-Bewältigung hat mein guter Freund Hans Zwettler übernommen, gemäß meiner sozialen Politik der Korrektheit möchte ich betonen, dass ich erst ab 1. Jänner 2006 Generaldirektor bin. Daher sage ich zu Refco nichts. Außer, dass man den Kredit nicht überbewerten soll: Er ist zwar keine Kleinigkeit, aber in Relation zur finanziellen Leistungsfähigkeit der kerngesunden Bank nicht substanzgefährdend.

STANDARD: Haben Sie Ihrem Freund zum Rücktritt geraten?

Nowotny: Nein, mit dieser Frage hatte ich nichts zu tun. Aber er hat mich im ÖGB als Nachfolger vorgeschlagen.

STANDARD: Sie waren zwar in der Europäischen Investitionsbank, sind aber mit Leib und Seele Wissenschafter. Fühlen Sie sich als "gstandener" Banker, der die Bawag aus der Bredouille führen kann?

Nowotny: Ich weiß nicht, was ein "gstandener" Banker ist - ich bin ein kenntnisreicher: Ich kenne mich in vielen Aspekten des Geschäfts, in Organisationen und beim Organisieren aus. Das ist mein Kapital, das Zinsen tragen und nicht brach liegen soll.

STANDARD: Sie wirken aber schon sehr zurückhaltend.

Nowotny: Ich bin betont sachlich und ruhig, auch das Kapital der Bawag ist ihre Seriosität und Korrektheit. Ich bin lieber ein bisserl zu seriös und allenfalls langweilig als ein bisserl zu unterhaltsam.

STANDARD: Apropos: Werden Sie sich, so wie Ex-Chef Helmut Elsner, ein Penthouse auf die Bawag bauen lassen?

Nowotny: Ich fühle mich in meinem Haus sehr wohl.

STANDARD: Der Aufsichtsrat nickt vieles nur ab. Werden Sie Veränderungen anregen, bleibt Günter Weninger Präsident?

Nowotny: Der Aufsichtsrat will von sich aus eine stärkere Rolle spielen, ich suche ein engeres Verhältnis zu ihm. Die Besetzung ist Eigentümersache. Für mich ist das Bankwesengesetz, dessen Schöpfer ich im Nationalrat war, die Bibel. Der Vorstand ist kein Angestellter des Eigentümers, ich rede nicht drein, wer Aufsichtsrat wird. Zu Weninger habe ich ein gutes Verhältnis.

STANDARD: Machen Sie die Bawag jetzt fit für die Börse oder für einen Partner?

Nowotny: Diese Frage muss sich der Eigentümer stellen. Er hat keine Absicht, an der jetzigen Eigentümerstruktur etwas zu ändern. Das ist die Vorgabe, unter der ich angetreten bin.

STANDARD: Also: Verkauf nach Ihrem Vertragsende 2008?

Nowotny: Was danach kommt, kommt danach.

STANDARD: Haben Sie schon ein Bawag-Konto?

Nowotny: Ich habe seit 1973 ein P.S.K.-Konto.

STANDARD: Die Bawag war bisher sehr risikofreudig. Wie halten Sie es als Anleger?

Nowotny: Ich bin für eine gute Risikomischung und habe schon im Alter von zehn Jahren begonnen, mich mit Aktien zu beschäftigen.

STANDARD: Warum hat man Ihnen das so früh beigebracht?

Nowotny: Meiner Familie gehörte eine Wiener Privatbank, die in der Ersten Republik unterging. Mein Großvater war Vorstandschef eines Schweizer Unternehmens.

STANDARD: Trauen Sie sich in Hedgefonds?

Nowotny: Für mich sind die nichts. Aber glauben Sie mir: Als Ökonom bin in der Lage, mein persönliches Vermögen etwas spannender anzulegen als in Staatsanleihen.

ZUR PERSON:

Ewald Nowotny (61) wird im Jänner Bawag-Chef. Der WU-Vizerektor war 21 Jahre SPÖ- Abgeordneter, galt als Proponent der Verstaatlichtenpolitik. Er war Vizepräsident der Euro- päischen Investitionsbank, zuletzt Konsulent der Bawag. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.11.2005)