Ewald Stadler spielt seine Paraderolle: die aggressive Auslegung der verfolgten Unschuld, die wegen nicht-zeitgeistiger Ansichten attackiert wird. Im Stil seines verflossenen Vorbilds Jörg Haider und seines aktuellen Abgotts Heinz-Christian Strache versucht er Kritik an sich mit dem Muster abzuwehren, dass ein Unangenehmer mundtot gemacht werden soll.

Bloß: Darum geht es nicht. Stadler hat aus seinem Büro in der Volksanwaltschaft ein Politbüro gemacht. Als Volksanwalt hätte er sich laut Arbeitseinteilung um die Bereiche Polizei, Unterricht und Kultur, Handel und Gewerbe, Justiz und Landesverteidigung zu kümmern. Stadler engagiert sich aber für FPÖ-Chef Strache, die Knittelfelder, Sonnwendfeiern und Treffen von extremen Rechtsparteien. Laut Verfassung muss ein Volksanwalt überparteilicher Vertreter für alle sein, unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft, ihrem Religionsbekenntnis und ihrer Parteizugehörigkeit. Der völkische Volksanwalt Stadler hingegen wettert gegen "homosexuelle und andere perverse Partnerschaften", gegen "multikulturelle Träumereien" und übt sich in zielgruppengerichteter Blut-und-Boden-Epik.

Der Politjob als Straches Agitator, Einpeitscher und Hassprediger ist nicht mit dem unabhängigen Staatsamt als Volksanwalt vereinbar. Mit gutem Grund haben seine Volksanwaltskollegen zwar eine Politvergangenheit, aber kein aktuelles Politamt. Wenn Stadler die Unvereinbarkeit aber nicht selbst erkennt, kann er weiter wettern. Denn eigentlich waren sich alle Parteien einig, dass Volksanwälte absetzbar sein sollen. Dieses Vorhaben ruht aber in der großen Schublade des Österreich-Konvents. Dort will es die ÖVP auch liegen lassen. Offenbar ist ihr der völkische Volksanwalt nicht so wichtig - Hauptsache, der potenzielle Koalitionspartner FPÖ wird nicht gereizt. (DER STANDARD, Printausgabe, 19.11.2005)