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Mit dem Knallen der Sektkorken zum Jahreswechsel könnte auch ein Kursfeuerwerk für europäische Aktien losgehen. Denn, so der Experten-Tenor, die Märkte in Europa werden auch 2006 zu den Gewinnern gehören.

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"Europa wird auch im kommenden Jahr einer unserer bevorzugten Märkte sein", resümiert William Davies, Head of European Equities bei Threadneedle Investments in London, vor Journalisten. "Denn trotz des eher verhaltenen wirtschaftlichen Hintergrundes werden starke Investmentthemen dafür sorgen, dass die außerordentlich gute Performance europäischer Titel noch eine Weile anhält."

In Deutschland erwartet Threadneedle von der neuen Regierung strukturelle Reformprozesse. Ein Beispiel dafür seien die Veränderungen, die sich in den Tarifverhandlungen der Autoindustrie anbahnen. Daher favorisiert Threadneedle derzeit Aktien deutscher Automobilunternehmen wie etwa DaimlerChrysler.

Mit dem Abbau globaler Handelsschranken steige auch in Europa das Bewusstsein für die Bedeutung sich entwickelnder Märkte in anderen Weltregionen. Unternehmen würden Fertigungsprozesse verstärkt nach Fernost verlagern, wodurch Investitionen in die Transportinfrastruktur stark zunehmen. Investitionen in Cargo-Aktien seien daher überlegenswert.

Europa-Aktien

Auch Friedrich Mostböck, Chefanalyst der Erste Bank, setzt im kommenden Jahr stark auf Aktien. Da in Europa mit Aktien "mehr zu holen" sei, hat die Bank Aktien gegenüber Anleihen übergewichtet.

Investoren sollten aber nicht auf Zentral- und Osteuropa vergessen, sagte Mostböck zum STANDARD. In dieser Region gebe es viele Unternehmen, die nachhaltig wachsen und ein langfristiges Potenzial haben. Mehr als 80 Prozent der im ATX gelisteten Unternehmen hätten einen sehr starken CEE-Bezug, was auch Hauptantrieb für die gute Performance des Wiener Marktes sei.

Eine weitere Outperformance auf jetzigem Niveau werde schwer, der Trend passe jedoch. Bis zum Jahresende erwartet der Erste-Bank-Experte den ATX bei 3450 Punkten. Als Kaufempfehlung nennt Mostböck Mayr-Melnhof, RHI, Verbund, Intercell und Frauenthal. "Wenn die Regierung es schafft, die Konjunktur zu beleben, ist auch Deutschland eine Chance." Allianz, Continental und Adidas zählen zu den deutschen Favoriten.

Rohstoffe und Energie

Achim Küssner, Geschäftsführer von Merrill Lynch Deutschland, setzt 2006 erneut auf Rohstoffe und Energie. "Dieser Zyklus kann noch zehn Jahre gut laufen."

Die beginnende Konsolidierung am asiatischen Bankensektor hätte dem Markt gut getan, erklärt Küssner, dennoch "haben diese Märkte noch einen hohen Aufholbedarf". Den US-Markt sollte man "genau beobachten", denn die Unternehmen werden wieder gute Zahlen melden.

Als ideales Einstiegsvehikel für Anleger nennt Küssner standardisierte Produkte und Dachfonds. Während diese Produkte verstärkt in den Mittelpunkt geraten, bleiben Zertifikate auch im kommenden Jahr ein Anlagemodell für Spezialisten.

"Die Rentenmärkte werden schwieriger, denn die Zinserhöhungen in Amerika sind noch nicht am Ende."

Blicke auf US-Markt

Obwohl Amerika von dem Zwillingsdefizit (Haushalt und Handel) belastet ist, erwartet Klaus Glaser von Raiffeisen Capital Management ein Anziehen der US-Märkte, die bisher "eher seitwärts" unterwegs waren. US-Unternehmen würden wieder gut verdienen, dies werde sich am Markt widerspiegeln.

Die gute Performance der vergangenen Jahre in Europa zeuge nicht von einer Überhitzung, wie es im Jahr 2000 der Fall war, daher werde der positive Trend weitergehen. Von einer Anhebung des Leitzins durch die EZB erwartet Glaser keinen Druck auf die Euro-Märkte. "Starbranche wird der Energiesektor bleiben, wenngleich die Performance nicht mehr so stark sein wird." Gute Chancen fürs Depot ortet Glaser auch in den Bereichen Technologie und Health-Care.

Aufschwung in Asien

Ein Ranking Asien - Europa - USA nimmt Christian Schön, DWS-Chef für Österreich vor. "Der Immobiliensektor in Asien hat sich stabilisiert, die Unternehmensbilanzen verbessern sich und die klare Wiederwahl von Ministerpräsident Junichiro Koizumi wird für einen weiteren Aufschwung sorgen."

Europa profitiere von den Exporten, wenngleich die Kernländer Deutschland und Frankreich zurückliegen, und die USA von der Zunahme des privaten Konsums. Schön setzt 2006 auf die Bereiche Energie, Öl, Pharma und Logistik. Als Tipps nennt er die heimische SBO, gefolgt von Schlumberger, Deutsche Post, Roche und Novartis.

Dollar bleibt stark

Einen baldigen Zinsschritt in Japan erwartet Paul Severin, Leiter Aktienmanagement der Capital Invest. "Vom Ende der Null-Zins-Politik, einer Trendwende bei den Immobilienpreisen und Reformen, werden auch die Börsen profitieren."

Solange der US-Zinszyklus nicht abgeschlossen sei, werde der Euro gegenüber dem Dollar schwächer bleiben.

Technologie- und Softwarewerte erwartet der Experte für 2006 "im Kommen". (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.11.2005)